WEHRBEAUFTRAGTE CLAIRE MARIENFELD LEGTE JAHRESBERICHT 1999 VOR
"Die Bundeswehr befindet sich an den Grenzen ihrer Belastbarkeit"
(vt) An die "Grenzen ihrer personellen und materiellen Belastbarkeit" sieht die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Claire Marienfeld, die Bundeswehr gekommen. Sie übergab am 14. März ihren Jahresbericht 1999 ( 14/2900) an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sowie an den Vorsitzenden und die Obleute des Verteidigungsausschusses.
Darin erläutert Marienfeld, die Bundeswehr habe im vergangenen Jahr "große und nicht ungefährliche Aufgaben" bewältigen müssen. Sie verweist auf die Beteiligung der Streitkräfte an den Kampfeinsätzen im ehemaligen Jugoslawien, an Sicherungsaufgaben sowie an der Hilfe für Flüchtlinge. Personal und Material würden dauerhaft hoch beansprucht, was die Truppe und die militärische Führung vor neue Herausforderungen stelle.
Der Wehrbeauftragten zufolge haben sich Materiallage und Ersatzteilversorgung in der Bundeswehr in allen drei Teilstreitkräften weiter verschlechtert. Dadurch werde die Ausbildung der Soldaten, besonders in den Hauptverteidigungskräften und den Ausbildungseinrichtungen, behindert.
Marienfeld macht in ihrem Bericht zudem auf Kritik von Soldaten an der Kurzfristigkeit und Unklarheit bei der Personalauswahl für einen Auslandseinsatz aufmerksam. Insbesondere Soldaten in so genannten Mangelverwendungen müssten damit rechnen, häufiger als ihre Kameraden abkommandiert zu werden.
Planungssicherheit schaffen
Die Bundeswehr, so die Schlussfolgerung, müsse deshalb sehr zügig ein ausreichendes Reservoir an Spezialisten aller Truppengattungen heranbilden, um den Soldaten und ihren Familien Planungssicherheit zu schaffen. In diesem Zusammenhang stoße die Verlängerung der Einsatzdauer im Ausland von bisher vier auf zukünftig sechs Monate bei den Soldaten und ihren Angehörigen ganz überwiegend auf Ablehnung. Nachvollziehbar seien allerdings die von Bundesminister Rudolf Scharping (SPD) als Grund dafür genannten Einsatzerfordernisse. Insbesondere bei Soldaten in Mangelverwendungen sollte aber nach Ansicht der Wehrbeauftragten vermehrt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, den Auslandseinsatz zu "splitten".
Sorge bereitet laut Marienfeld ferner, dass das Bewerberaufkommen aus dem Bereich der Ungedienten im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen ist. Nach den Planungen der Streitkräfte hätten im Jahr 1999 insgesamt mehr als 15.000 Soldaten auf Zeit (SaZ) neu eingestellt werden sollen. Tatsächlich habe man jedoch nur 12.250 SaZ gewinnen können.
Die Wehrbeauftragte verweist ferner darauf, aufgrund der einschneidenden Sparmaßnahmen in den Streitkräften hätten im Berichtsjahr auch Infrastrukturmaßnahmen zurückgestellt werden müssen. Dieses habe insbesondere dort zu Unverständnis geführt, wo Soldaten seit langem auf den Beginn von Baumaßnahmen warteten.
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Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Claire Marienfeld, übergab am 14. März ihren Jahresbericht 1999 an Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD). |
Dem Bericht zufolge ist die Zahl der in den Streitkräften registrierten rechtsextremistischen Vorgänge 1999 gegenüber dem Vorjahr von 200 auf 92 "akute Verdachtsfälle" zurückgegangen. Bedenke man, dass in der Bundeswehr 320.000 Soldaten dienten, so handele es sich bei den festgestellten Vorkommnissen um Einzelfälle. Einen leichten Rückgang gebe es auch bei der Zahl der Verdachtsfälle von Alkohol- und Drogenmissbrauch in den Streitkräften.
Marienfeld erklärt weiterhin, ihr sei nicht bekannt geworden, dass Frauen in der Bundeswehr aufgrund ihres Geschlechts in ihrer Laufbahn besondere Vor- oder Nachteile erfahren hätten. Allerdings sei sie mit Eingaben weiblicher Soldaten konfrontiert worden, welche auf Unsicherheiten und teilweise auch auf Fehlverhalten männlicher Soldaten im Umgang mit ihnen schließen ließen. Dazu gehörten sowohl Formen der Belästigung als auch besonders nachsichtiges Verhalten.
Forderungen weiblicher Soldaten nach Einführung von Teilzeitbeschäftigungen unterstützt die Wehrbeauftragte im Übrigen im Hinblick darauf, die Einsatzfähigkeit der Truppe zu erhalten, nicht.