STAATSMINISTER VAZ ZU GAST IM FACHAUSSCHUSS
Großbritannien erklärt Bereitschaft zur Aufgabe eines Kommissar-Postens
(eu) Der britische Staatsminister für Europaangelegenheiten, Keith Vaz, hat am 15. März im Europaausschuss erklärt, sein Land sei bereit, einen seiner zwei Posten in der Europäischen Kommission aufzugeben, um ein für alle Betroffene günstiges Ergebnis der Regierungskonferenzen über institutionelle Reformen in der EU zu erreichen. Als Gegenleistung müssten jedoch die Stimmrechte im Rat verändert werden. Dort seien bislang die größeren Mitgliedstaaten, gemessen an der Zahl ihrer Einwohner, unterrepräsentiert.
So weit im Rahmen der Reformen außerdem verstärkt Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit in der EU angestrebt würden, werde Großbritannien dies, wo immer es sich aus praktischen Gründen anbiete, unterstützen. Sinnvoll könnten solche Mehrheitsbeschlüsse beispielsweise bei den Verfahrensregeln des Europäischen Gerichtshofes, im Verkehrswesen und der Industrie sein, so Vaz.
In Bereichen des nationalen Interesses jedoch, so Vaz, habe die britische Regierung sich verpflichtet, beim Prinzip der Einstimmigkeit zu bleiben. Dies gelte vor allem im Bereich der Verteidigungs- und der Steuerpolitik. Dafür seien die nationalen Parlamente zuständig, die nicht "zu bloßen Ja-Sagern zu Beschlüssen degradiert" werden sollten, die in Brüssel oder Straßburg gefasst würden.
Der britische Staatsminister teilte außerdem mit, seine Regierung erkenne die Notwendigkeit eines gewissen Maßes an Flexibilität innerhalb der EU an. Die Vorstellung jedoch, dass eine engere Zusammenarbeit mit nur acht Mitgliedstaaten weitergeführt werden könnte, mache die EU-Institutionen, die der Union als Ganzes dienen sollten, zur "Farce".
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Zu Gast im Europaausschuss: Der britische Staatsminister für Europaangelegenheiten, Keith Vaz (links im Bild). Daneben der Ausschussvorsitzende Friedbert Pflüger (CDU/CSU). |
Die SPD erklärte, sie teile die britische Position, dass das Programm der bevorstehenden EU-Regierungskonferenz schon jetzt außerordentlich ambitioniert sei. Es werde große Anstrengungen erfordern, die so genannten Überbleibsel des Europäischen Gipfels von Amsterdam im Jahre 1997 befriedigend zu lösen. Dies müsse aber erreicht werden, um die EU erweiterungsfähig zu machen.
Demgegenüber bekräftigte die CDU/CSU, das Programm der Regierungskonferenz müsse ambitionierter angelegt werden. So müssten beispielsweise die Kompetenzen zwischen der europäischen und der nationalen Ebene klarer abgegrenzt werden. Im Übrigen sei anzustreben, Flexibilität und Mehrheitsentscheidungen auch auf den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU auszuweiten.
Bündnis 90/Die Grünen und die F.D.P. ermunterten den Gast aus London dazu, Schritte zum baldigen Beitritt Großbritanniens zur Wirtschafts- und Währungsunion in der EU und damit zur Einführung des Euro einzuleiten.
Vaz rief am 15. März Deutschland ferner dazu auf, das Einfuhrverbot für britisches Rindfleisch aufzuheben. Die anders lautende französische Entscheidung zu diesem Thema habe der Glaubwürdigkeit der EU, dem Binnenmarkt und der Gemeinsamen Agrarpolitik geschadet.
Deutschland müsse deshalb jetzt seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Ansonsten werde es der britischen Regierung erschwert, die öffentliche Meinung in ihrem Land davon zu überzeugen, dass in Brüssel verabschiedete Gesetze von allen respektiert würden.
[Der Bundesrat hat inzwischen am 17. März 2000 mit Mehrheit beschlossen, das Importverbot für britisches Rindfleisch aufzuheben.]