DOPING-DEBATTE Bundestag bekräftigt hohe Vorbildfunktion des Spitzensports(sp) Spitzensport setzt nach Aussage des CDU/CSU-Abgeordneten Klaus Riegert entscheidende Impulse für die Akzeptanz und Entwicklung des gesamten Sports und hat insbesondere für die jungen Menschen eine hohe Vorbildfunktion. Alle Fraktionen seien sich deshalb darin einig, dass der erfolgreichen Bekämpfung des Dopings im Spitzensport entscheidende Bedeutung zukomme. Bei der Beratung der Großen Anfrage der CDU/CSU "Doping im Spitzensport und Fitnessbereich" ( 14/1032) und der Antwort der Bundesregierung ( 14/1867) sowie der Entschließungsanträge von CDU/CSU ( 14/2769) und F.D.P. ( 14/2918) plädierte Riegert am 23. März im Bundestag für einen sauberen, manipulationsfreien Spitzensport. Doping sei aber kein auf den Spitzensport einzugrenzendes Phänomen. Das im internationalen Vergleich hohe Niveau bei der Dopingbekämpfung in Deutschland wertete Riegert als ein Verdienst des Sports, des Sportausschusses, aber auch der alten Bundesregierung. Allerdings sei die Dopingbekämpfung im Spitzensport in erster Linie Sache des Sports, der hier nicht aus der Verantwortung entlassen werden dürfe. Riegert betonte die Notwendigkeit einer nationalen Anti-Doping-Agentur. Diese solle auch die Schiedsgerichtsbarkeit ausüben, denn wirksame Dopingbekämpfung komme ohne abschreckende Sanktionen nicht aus. "Kürzungen zurücknehmen"Vom Bundesinnenminister forderte der Unionsabgeordnete, die Zahl der Trainingskontrollen zu erhöhen, dem Sport zusätzliche Mittel zu geben sowie Kürzungen bei den zentralen Maßnahmen und bei den Investitionsmaßnahmen für den Spitzensport zurückzunehmen. Weiter erinnerte er an die bei der Doping-Anhörung des Sportausschusses am 26. Januar erhobene Forderung nach einem auf internationaler Ebene abgestimmten Dopingforschungsprogramm. Dagmar Freitag (SPD) erklärte, die Bundesregierung habe mit ihrer Antwort auf die Große Anfrage eine umfassende, verständliche Darstellung der Sachlage gegeben und neue Akzente beschrieben. Sie unterstrich, dass die Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) als wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil einer wirksamen Dopingbekämpfung anzusehen sei. Weitere Fragen, wie beispielsweise zu Struktur und Anforderungsprofil der zu gründenden nationalen Anti-Doping-Agentur, seien zu beantworten. Für unverzichtbar hielt die SPD-Abgeordnete eine Anhörung im Sportausschuss zum Problem des Medikamentenmissbrauchs in Fitness-Studios. Aufklärung und Prävention seien, so Freitag, in der Vergangenheit geradezu sträflich vernachlässigt worden. Sie regte an, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine konkrete Kampagne zu diesem Thema prüfen zu lassen. Klaus Kinkel (F.D.P.) prangerte "falsch verstandenen Hochleistungsfetischismus" an. Der Leistungssport sei inzwischen in weiten Bereichen denaturiert durch immer höhere Leistungserwartungen bei den Zuschauern und bei den Sportlern selber, durch immer stärkere Wettbewerbsverzerrungen mithilfe des Einsatzes unerlaubter Hilfsmittel und durch eine kaum noch steuerbare Kommerzialisierung. Die "ursprünglich schönste Nebensache der Welt" würde so in gefährliche Regionen und in die Hände des Staates getrieben. Es müsse aber, so Kinkel, dabei bleiben, dass bei der Dopingbekämpfung der Staat nur subsidiär tätig werden könne und solle. Er sprach sich ebenfalls für eine nationale Anti-Doping-Agentur aus, die im Wesentlichen von den Sportverbänden mitfinanziert werden sollte. Daneben forderte er die möglichst rasche Umsetzung der Empfehlung der europäischen Sportminister, bei Erstvergehen eine Mindestsperre von zwei Jahren auszusprechen. Kommerzialisierung beklagtNach Ansicht von Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) wird der Sport durch drei Prinzipien konstituiert: die Anerkennung des Wettbewerbsgedankens, das Fairplay-Prinzip und die Achtung der Unversehrtheit des Menschen. Wenn diese Prinzipien vom Sport und von jedem einzelnen Sportler nicht anerkannt würden, sei der Sport als solcher in Frage gestellt. Grund zu ernsthafter Sorge sah Hermann beim Doping im Fitness-Bereich. Die Zahlen lägen hier weit höher als im Höchstleistungssport. Außerdem existierten im Breitensport faktisch keine Kontrollen. Der Abgeordnete der Bündnisgrünen befürwortete neben einer nationalen Anti-Doping-Agentur auch die Schaffung einer neuen gesetzlichen Grundlage durch ein Anti-Doping-Gesetz. Anti-Doping-Gesetz gefordertGustav-Adolf Schur (PDS) zeigte sich angesichts der Tatsache, dass es in Deutschland Tausende von Fitness-Centern gibt, verwundert darüber, dass der Deutsche Bodybuilding- und Fitnessverband 1998 insgesamt nur 24 Dopingkontrollen durchgeführt habe. Er zitierte Dr. Boos von der Medizinischen Universität Lübeck mit der Aussage: "Sollten die vorliegenden Zahlen auch nur zur Hälfte stimmen, ist bei derzeit 3,5 Millionen registrierten Sportlern in FitnessStudios von 350.000 Anabolikakonsumenten auszugehen." Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erklärte, dass ein sauberer, manipulationsfreier Sport auf allen Ebenen Grundvoraussetzung für die Sportförderung des Staates sei und sein müsse. Die Bundesregierung habe bei der Dopingbekämpfung im Spitzensport sowie beim Gesundheitsschutz der Sportlerinnen und Sportler nachhaltige Erfolge erzielt. Den Vorwurf, dem deutschen Sport würden zusätzliche Mittel für Dopingkontrollen und -analysen verweigert und sogar bisher gewährte Mittel gekürzt, wies der Innenminister zurück. Er betonte seine Unterstützung für eine eigenständige nationale Anti-Doping-Agentur und brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die mittlerweile eingesetzte Welt-Anti-Doping-Agentur sehr bald ein weltweit einheitliches Kontrollniveau etablieren werde. Nach Norbert Barthle (CDU/CSU) handelt es sich beim Doping im Freizeit- und Fitnessbereich um ein Massenphänomen. Er forderte die Bundesregierung auf, hier für eine sichere Datenbasis zu sorgen. |