REGIERUNG INFORMIERTE INNENAUSSCHUSS "Aktion Rosenholz"-Akten werden keine strafrechtliche Relevanz mehr haben(in) Zum Zeitpunkt ihrer Auswertung werden die wieder beschafften Stasi-Akten der "Aktion Rosenholz" keine strafrechtliche Relevanz mehr haben. Dies erklärte die Regierung am 5. Juli vor dem Innenausschuss in Fortsetzung der Unterrichtung vom 28. Juni. Erst Ende 2001 werde es die Möglichkeit einer vollständigen Sichtung und Bewertung der Rosenholz-Akten geben. Bereits im Oktober 2000 aber werde die Gültigkeit des derzeitig geltenden Dritten Verjährungsgesetzes abgelaufen sein, so dass mit Ausnahme von Landesverrat eine strafrechtliche Verfolgung später erkannter Sachverhalte nicht mehr möglich sein werde. Eine erneute Verlängerung der Verjährung sei nicht beabsichtigt. Regierung wie auch SPD wandten sich in diesem Zusammenhang deutlich gegen eine in den Medien lancierte These, wonach mit der Verzögerung des Zugangs zu den Rosenholz-Akten und der im Oktober abgelaufenen Verjährungsfrist hochrangige SPD-Politiker nicht mehr in Verbindung MfS-Kontakten gebracht werden könnten. Schnelle Beschaffung gelungenHierzu sei zu betonen, so die SPD, dass es gerade diese neue Regierung geschafft habe, innerhalb von sechs Monaten eine Wiederbeschaffung der Akten zu erreichen, während dies vorher sechs Jahre lang offenbar nicht möglich gewesen sei. Im Rahmen der Antworten auf insgesamt 30 Fragen, die nach der Ausschusssitzung vom 28. Juni von der Union nachgereicht wurden, erläuterte die Regierung, mit der Zulieferung von 400.000 bis 500.000 Karteikarten bis Ende 2001 würde "weit mehr" als eine exakte Kopie der vorhandenen Daten geliefert. Mit der demnächst aus den USA verfügbaren Digitalisierungssoftware sei es möglich, den gesamten Datenbestand auch auf Querverbindungen zu prüfen sowie Umfeld einzelner Namen, Fakten und Informationen zu verknüpfen und damit wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Angesichts der Tatsache, dass täglich 1.000 Karteien auf entsprechende Weise erfasst und bearbeitet werden müssten, werde deutlich, dass mit dem Ablieferungsdatum Ende 2000 nicht auf eine Verzögerung abgezielt worden sei, sondern es lediglich um den reinen Arbeitsaufwand gehe. Übrigens liege die Ausfuhrgenehmigung der US-Regierung für die Software dem Ministerium seit dem 3. Juli vor. Die Bundesregierung bestätigte noch einmal nachdrücklich den Standpunkt der US-Regierung, auf dem Geheimschutz zu beharren. Allerdings sei in Aussicht gestellt worden, im begründeten Einzelfall über eine Herabstufung der Geheimhaltung zu verhandeln. Im Übrigen gelte der "Geheim"-Status auch US-intern. Auch wenn es sich nach bisherigen Erkenntnissen eindeutig um Stasi-Akten handele, sei es politisch unklug, zum jetzigen Zeitpunkt mit Rechtsgutachten und einer starren Haltung auf der deutschen Rechtsposition gegenüber der rechtlich ebenso verbindlichen Geheimschutzvereinbarung von 1960 zu bestehen und damit den Erfolg der Rückführung in Frage zu stellen. Zur Vermutung der PDS, die Stasi-Akten seien womöglich über DDR-befreundete Dienste weggeschafft worden und erst später in den USA gelandet, es wäre also vielleicht billiger und schneller möglich gewesen, an Original-nahe Aktenbestände zu kommen, erklärte die Regierung, mit den Vertretern der GUS sei nicht verhandelt worden. Einziger Verhandlungspartner seien die USA gewesen. Von Seiten der SPD wurde hierzu erklärt, es sei vor allem ein Verdienst des Geheimdienstkoordinators im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, wenn die "Rosenholz"-Akten innerhalb so kurzer Zeit und vollständig an Deutschland zurückgegeben würden. Gauck-Behörde einbezogenBündnis 90/Die Grünen erklärten, man sei froh über die einvernehmliche Haltung zur Behandlung und zur Zugänglichkeit der Akten und die Entscheidung, die Gauck-Behörde und das Bundesamt für Datenschutz von vornherein zusammen mit dem Bundesverfassungsschutz an der Arbeitsgruppe zur Sichtung und Bewertung der Daten zu beteiligen. Zur Frage der Union, ob der damalige Leiter des Kanzleramtes, Bodo Hombach, vorab eine Liste von 100 Top-Agenten übergeben bekommen habe, erklärte die Regierung, Hombach habe weder 100 noch 1.000 noch 10 Unterlagen erhalten. Bereits anlässlich der ersten Unterrichtung hatte die Bundesregierung am 28. Juni vor dem Innenausschuss erklärt, die ersten zwei der insgesamt über 1.000 CD-ROM mit Stasidateien, die aus den USA nach Deutschland zurückgeführt wurden, seien noch nicht lesbar. Die von einer amerikanischen Privatfirma zu diesem Zweck für 5 Millionen DM speziell entwickelte Software unterliege einer ausdrücklichen Ausfuhrgenehmigung der US-Regierung und stehe derzeit noch nicht zur Verfügung. Mit der Digitalisierung der Stasi-Akten habe man die bestmögliche Verwertbarkeit dieser Rosenholz-Akten gewährleisten wollen, da normalerweise jede "Reproduktion einer Reproduktion eines Originals" den Wert des Quellenmaterials erheblich mindere. Verzögerungen der Softwarenutzung seien damit zu begründen, dass entsprechende Ausfuhrgenehmigungen nicht vom Bundeskanzleramt, sondern über die jeweils zuständigen Ressorts erfolgen müssten und bearbeitet würden. Auch Daten über US-BürgerAuf die Fragen der Fraktionen, ob das Geheimschutzabkommen überhaupt greife, da es sich doch um deutsche Stasiunterlagen handele, für die es eindeutige Regelungen der Verwertbarkeit gebe, erklärte der Regierungsvertreter, es handele sich dabei auch um Dateien über US-Staatsbürger und deren Umfeld, über die man erst nach Einsicht und sorgfältiger Bewertung entscheiden könne. Zur Frage nach den Kosten für die Software sagte der Regierungsvertreter, diese würden sich auf etwa 80.000 Dollar zuzüglich einer anspruchsvollen und speicherintensiven Hardware sowie der Schulung von Mitarbeitern belaufen. Die Frage nach schnellstmöglichster Sichtung unter dem Aspekt einer Verjährung von möglichen Straftaten wurde dahingehend erläutert, es habe bei einer Sichtung der Unterlagen in den USA in den frühen neunziger Jahren bereits eine Prüfung nach Vorgaben der Bundesstaatsanwaltschaft gegeben. Gleichwohl habe sich gezeigt, dass aufgrund erst später erkennbarer Querverbindungen "einige gut davongekommen" seien. |