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Tourismuspolitik im Bundestag
Ein Ausschuss für jede Jahreszeit
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Die Ausschussmitglieder auf dem Gendarmenmarkt (Panorama-Foto). Von links nach rechts: Eckhard Ohl, Renate Gradistanac, Annette Faße, Birgit Roth (Speyer), Brunhilde Irber, Dr. Eberhard Brecht, Thomas Dörflinger, Jann-Peter Janssen (stv. Vors.), Ilse Aigner, Klaus Brähmig, Ernst Hinsken (Vors.), Edeltraut Töpfer, Anita Schäfer, Stephan Dehé (Ltr. Sekr.), Hannelore Rönsch (Wiesbaden), Sylvia Voß, Rosel Neuhäuser, Barbara Imhof, Marianne Klappert, Ernst Burgbacher.
Millionen Deutsche treten in diesen Tagen eine Urlaubsreise an. Immer mehr entdecken dabei den Reiz, die schönste Zeit des Jahres auch einmal im eigenen Land zu verbringen. Eine positive Entwicklung, denn noch vor wenigen Jahren befand sich der Deutschlandtourismus in einer tiefen Krise. Dass die Verantwortlichen in der Tourismusbranche aufgewacht sind und längst überfällige Strukturreformen in Angriff genommen haben, dazu hat auch der Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages seinen Teil beigetragen.
Der Tourismusausschuss ist ein relativ junger Ausschuss. Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl wurde er Anfang 1991 ins Leben gerufen. Zuvor gab es beim Wirtschaftsausschuss einen Unterausschuss "Fremdenverkehr". "Ausschuss für Fremdenverkehr" war auch die erste offizielle Bezeichnung des Gremiums, ehe Mitte der neunziger Jahre "Ausschuss für Fremdenverkehr und Tourismus" daraus wurde. Heute nennt er sich nur noch "Ausschuss für Tourismus".
Die maßgeblichen Persönlichkeiten der ers-ten Stunde, Rolf Olderog (CDU/CSU), bis 1990 Vorsitzender des Unterausschusses, Carl Ewen (SPD) und Olaf Feldmann (F.D.P.), der erste Vorsitzende des Ausschusses, gehören heute alle nicht mehr dem Parlament an. Auch Halo Saibold (Bündnis 90/Die Grünen), die Vorsitzende von 1994 bis 1998, ist nicht mehr dabei. Bei der SPD löste Brunhilde Irber Susanne Kastner als tourismuspolitische Sprecherin ab, bei der Union trat Klaus Brähmig in die Fußstapfen Rolf Olderogs. Die Sprecher von Bündnisgrünen (Sylvia Voß), F.D.P. (Ernst Burgbacher) und PDS (Rosel Neuhäuser) gehören dem Ausschuss erst seit 1998 an.
Geführt wird das 15-köpfige Gremium in dieser Wahlperiode von einem langgedienten Parlamentarier: Ernst Hinsken (CDU/CSU) ist seit Jahren Mitglied im Wirtschaftsausschuss und war unter der Regierung Kohl Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ihm liegen die Interessen der mittelständisch geprägten Tourismusbetriebe besonders am Herzen. Mahnend fordert er die Bundesregierung zur "Erledigung der Schulaufgaben" auf, beispielsweise zur rechtzeitigen Vorlage ihres Tourismusberichtes.
Im Ausschuss ist die Bundesregierung meistens durch den Parlamentarischen Staatssekretär im dafür zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, Siegmar Mosdorf, vertreten. Einen guten Einstand im Ausschuss hat sich Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) durch eine Aufsto-ckung des Bundeszuschusses an die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) verschafft.
In den ersten Jahren nach der Wende bildete die Privatisierung der ostdeutschen gewerkschaftseigenen Ferienheime einen Schwerpunkt der Ausschussarbeit. Es folgte die Zeit, als die DZT, die im Ausland die Werbetrommel für das Reiseland Deutschland rühren soll, mehr durch Skandale als durch Marketingerfolge in Erscheinung trat. Den organisatorischen und personellen Neuanfang bei der DZT hat der Tourismusausschuss an vorderster Stelle mitbegleitet. Zur Mitte des Jahrzehnts, als sich die Expo 2000 bereits als Herausforderung ersten Ranges für das Gastgeberland Deutschland abzeichnete, rückte für den dafür federführenden Ausschuss ein weiteres Problem in den Vordergrund: die Notwendigkeit, landesweit ein einheitliches Buchungs- und Reservierungssystem zu schaffen. Die Abgeordneten setzten sich für eine staatliche Anschubfinanzierung und die Gründung einer eigenen Gesellschaft (DIRG) ein, die das hoch gesteckte Ziel trotz mehrjähriger Bemühungen jedoch nicht im angestrebten Umfang erreichte.
Der Tourismusausschuss ist ein Querschnittsausschuss, das heißt, er muss auch zu parlamentarischen Vorlagen Stellung nehmen, die ihn nur mitberatend betreffen. Vom steuerfreien Flugbenzin über die staatliche Strukturförderung (von der auch touris-tische Betriebe profitieren), vom Naturschutz bis zur Gesundheits-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik reicht das Spektrum. Dennoch ist an klassischen Tourismusthemen kein Mangel. Über 20 Expertengespräche und öffentliche Anhörungen allein in dieser Wahlperiode belegen das Interesse des Ausschusses an den Sorgen und Nöten der Branche. Vertreter der Tourismusverbände, aber auch der wichtigsten deutschen Verkehrsflughäfen, der Lufthansa, der Ferienflieger und der Deutschen Bahn haben dem Ausschuss Bericht erstattet. Die öffentlichen Anhörungen zur Stärkung des Deutschlandtourismus, zu den Naturschutzgebieten und zum Artenschutz, zum Kinder- und Jugendtourismus oder zur Nutzung von Urheberrechten in der Tourismuswirtschaft fanden in der arbeitsintensiven Branche starke Beachtung.
Die Abgeordneten setzen sich in vielen Gesprächen dafür ein, dass die Tourismus-Verantwortlichen mit ihren unterschiedlichen Interessen und Rivalitäten nicht nur an einem Strang, sondern auch in die gleiche Richtung ziehen. Zum einen gilt es die Zuständigkeit der Länder für die Tourismuspolitik in Deutschland zu beachten. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Versuche aus Brüssel, im Interesse einer europäischen Tourismuspolitik Akzente zu setzen. Hinzu kommt, dass der Prozess der Globalisierung auch die Tourismuswirtschaft erfasst hat. In diesem Spannungsfeld die Orientierung zu bewahren und die Zeichen der Zeit rechtzeitig zu erkennen, bleibt eine Herausforderung für den Ausschuss, der nicht nur für die schönste Zeit des Jahres zuständig ist. Volker Müller
Internet
Weitere Informationen über die Aufgaben des Ausschusses
für Tourismus:
www.bundestag.de/gremien/a21/a21_a.html
Informationen über die Mitglieder: www.bundestag.de/gremien/a21/index.html