AUSSPRACHE ZUM JAHRESWIRTSCHAFTSBERICHT
CDU/CSU und FDP vermissen eigenständige Wirtschaftspolitik
(wi) Die CDU/CSU-Fraktion vermisst eine "eigenständige Wirtschaftspolitik" der Bundesregierung, die sich gegenüber der Finanzpolitik emanzipiert. In einer Aussprache des Wirtschaftsausschusses zu den Eckdaten des Jahreswirtschaftsberichts 2002 der Bundesregierung und zur Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung betonte die Fraktion am 30. Januar, der Jahreswirtschaftsbericht klammere sich an die Hoffnung, dass es Ende dieses Jahres zu einem leichten Aufschwung kommen werde. Eine Reihe schwerwiegender ökonomischer Entwicklungen stimme jedoch eher skeptisch.
So sei die Lage des Mittelstandes "sehr besorgniserregend", da mehr als ein Drittel der kleinen Unternehmen nur noch "von der Substanz" lebten, betonte die Union. Die Unternehmensgründungen befänden sich im freien Fall. In der EU sei Deutschland beim Wachstum auf den letzten Platz gerutscht. Der Trend gehe nach unten. Großbritannien habe ein vier Mal so hohes Wachstum wie Deutschland.
Keines der strukturellen Themen sei wirklich angegangen worden, setzte die Union ihre Kritik fort. Auch der Bericht gebe keine Antwort darauf, wie die Regierung strukturelle Fragen anpacken wolle, etwa die Deregulierung des Arbeitsmarktes, die Gesundheitsreform oder die Steuervereinfachung. Selbst wenn die "günstig gerechneten Daten" des Berichts eintreffen sollten, seien sie "immer noch miserabel".
Die FDP forderte, die deutsche Politik müsse "eigene Weichen" stellen. Zentrale Strukturveränderungen seien nicht erfolgt, etwa die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte oder die Reform der sozialen Sicherungssysteme.
Dagegen erklärten die Sozialdemokraten, sie hätten dem Bericht entnommen, dass es eine Reihe positiv stimmender Indikatoren gebe. Die großen Konzerne in Deutschland operierten zur Hälfte außerhalb des Landes und seien von den dortigen Entwicklungen abhängig. Auch eine Stabilisierung der Rohstoffpreise könne dazu beitragen, das Klima zu verbessern. Bei der Steuerreform habe die Regierung die "volle Unterstützung aller großen Verbände" gehabt. Durch die Schaffung einer Reinvestitionsrücklage für Personengesellschaften sei die Reform nachgebessert worden.
Bei der Alterssicherung habe die rot-grüne Regierung einen "privat finanzierten Korridor" geschaffen, was niemand von ihr erwartet hätte. Insgesamt stimme die Richtung. Es werde eine Stimmung geschürt, als hätte sich auf dem Arbeitsmarkt nichts getan. Mit dem Job-Aqtiv-Gesetz seien Möglichkeiten geschaffen worden, am Arbeitsmarkt Bewegung zu erzeugen. In der zweiten Jahreshälfte werde man wieder Wachstumsraten erreichen, die sich am Arbeitsmarkt "darstellen" ließen. Im Übrigen habe man jetzt mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und weniger Arbeitslose als vor der Bundestagswahl 1998.