BANKEN-VERHANDLUNGEN ÜBER EINE EIGENKAPITALVEREINBARUNG
In Basel Fortschritte zu Gunsten der mittelständischen Kreditnehmer erzielt
(wi) Den Interessen des deutschen Mittelstands ist bei den Verhandlungen im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht über eine neue Eigenkapitalvereinbarung ("Basel II") bereits weitgehend Rechnung getragen worden. Darauf verwies Edgar Meister, Direktoriumsmitglied der Deutschen Bundesbank, am 23. Januar im Wirtschaftsausschuss.
Das Wort "Mittelstand" habe gute Aussichten in den angelsächsischen Wortschatz aufgenommen zu werden, sagte Meister. Der Vorsitzende des Baseler Ausschusses, William J. McDonough (USA), habe erklärt, das Mittelstandsproblem werde inzwischen von allen anerkannt. Es sei daran gedacht, die Sicherheiten stärker anzurechnen, was zu einer wesentlichen Kapitalerleichterung für kreditnehmende kleine und mittlere Unternehmen führe.
Eine offene Frage sei es, für den Mittelstand eine Sonderregelung zu finden, die dafür sorge, dass er nicht benachteiligt, aber auch nicht bevorzugt wird. Die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls eines Kredites sei bei einem kleinen Unternehmen größer als bei einem Großunternehmen. Unbestritten sei aber auch, dass die Schäden auf Grund des Ausfalls kleiner Kredite weniger risikobehaftet seien als bei Krediten an Großunternehmen.
Noch ungelöste Probleme
Die Deutsche Bundesbank und das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen vertreten die deutschen Banken als Verhandlungsführer in Basel, wo seit Jahren an einer internationalen Vereinbarung über die Eigenkapitalunterlegung der Banken verhandelt wird. Der Präsident des Bundesaufsichtsamtes, Jochen Sanio, betonte, dass es noch ungelöste Probleme gebe. Nicht zufrieden stellend gelöst sei das Problem der langfristigen Kredite, da Deutschland eine "Langfriststruktur" habe. Ein Malus (Risikozuschlag) für Langfristkredite, der dieses Geschäft kaputt machen würde, sei nicht hinzunehmen. Hier habe man noch keinen Durchbruch erzielt. Das "Mittelstandspaket" runde sich dagegen langsam.
Bei den letzten Verhandlungen Mitte Dezember sei der Durchbruch nicht geschafft worden. Das dritte Konsultationspapier sei noch nicht geschrieben, so Sanio. Es gehe um komplexe Tatbestände mit verschiedenen Stellschrauben. Daher soll zunächst eine Datengrundlage geschaffen werden, wie sich einzelne Vereinbarungen im Ergebnis auswirken können.
"Archimedischer Punkt"
Die Ergebnisse dieser "Quantitative Impact Studies" (Auswirkungsstudien) seien im Sommer zu erwarten. Als "archimedischen Punkt" bezeichnete Sanio die so genannte Endkalibrierung. Gemeint sei, die künftige Vereinbarung so zu gestalten, dass die Kapitalbelastung der Banken im Schnitt so groß ist wie vorher. Daran entscheide sich, ob ein nationales Bankensystem zu den Gewinnern (wenn weniger Eigenkapital benötigt wird) oder zu den Verlierern (wenn mehr Eigenkapital benötigt wird) gehört.
Die CDU/CSU riet dazu, aufzupassen. Das deutsche Bankensystem habe in der internationalen Finanzarchitektur bislang den geringsten Anlass zur Sorge gegeben, es könnte hier jedoch zu den meisten Veränderungen kommen. Die bisherige Kapitalunterlegung von acht Prozent sollte im Durchschnitt wieder erreicht werden. Die Union forderte "mindestens eine Neutralität" für den gesamten Mittelstand. Die PDS merkte an, einige Banken verhielten sich bereits so, als sei "Basel II" bereits beschlossen. Für die SPD muss ersichtlich werden, ob die Auswirkungsstudien eine stärkere Belastung mit sich bringen.
Sanio würdigte die bisherigen Resolutionen des Bundestages zu den Verhandlungen in Basel. Damit habe man die Sache zum "nationalen Interesse" erhoben, was es in Basel noch nie gegeben habe. Die deutsche Glaubwürdigkeit sei damit gesteigert worden. Die Front der Gemeinsamkeit sollte nicht ins Bröckeln kommen, so Sanio.
Der Bundestag hat am 31. Januar einen Antrag der PDS ( 14/8115) zur Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Danach soll die Bundesregierung darauf dringen, dass die Mängel der bisherigen Ergebnisse des Basel-II-Prozesses beseitigt werden. In Betracht zu ziehen seien unter anderem die Zuordnung von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen in das so genannte Retail-Portfolio (Kleinkredite), die Berücksichtigung der Größe der Unternehmen bei der Berechnung der Risikogewichte, die Definition eines eigenständigen "Mittelstands-Portfolios", die Anerkennung von Sachsicherheiten und die Verbriefung von Forderungen.
Nachteile ausgleichen
Eine Lösung für Existenzgründer müsse entweder durch Sonderregelungen im Rahmen des internen Ratings (bankinterne Bewertung des Kreditnehmers) oder durch ein öffentliches Förderinstrumentarium geschaffen werden, das die Nachteile für die Betroffenen ausgleicht, so die PDS. Auch sei einer Zusatzbelastung für ostdeutsche Unternehmen entgegenzuwirken, da die nach Risiken differenzierte Eigenkapitalunterlegung steigende Kreditkosten oder eine restriktive Kreditvergabe nach sich ziehen werde.
Der Finanzausschuss hat am 30. Januar eine öffentliche Anhörung zu Basel-II-Anträgen der CDU/CSU ( 14/6049), der FDP ( 14/6172) sowie von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ( 14/6953) beschlossen, die am 20. März stattfindet.