DISKUSSION UM ZAHLEN ZUR ARBEITSVERMITTLUNG
Jagoda: Die Bundesanstalt für Arbeit steckt in einer tiefen Krise
(as) Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Bernhard Jagoda, sieht die Behörde in einer "tiefen Krise". Dies wurde in der Sitzung des Arbeits- und Sozialausschusses am 20. Februar deutlich. Jagoda nahm Stellung zu einem Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH), wonach 70 Prozent der Arbeitsvermittlungen falsch ausgewiesen seien.
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Bernhard Jagoda (links) stellte sich den Fragen der Abgeordneten. Daneben von links: Ausschusssekretär Martin Frey, die Vorsitzende Doris Barnett (SPD), Staatssekretär Gerd Andres und Arbeitsminister Walter Riester (beide SPD).
Die vom BRH untersuchten Arbeitsämter hätten die Vermittlungsergebnisse offensichtlich nicht den Tatsachen entsprechend dokumentiert, hieß es weiter. Jagoda erklärte, nicht 70 Prozent der angegebenen Arbeitsvermittlungen seien falsch gewesen. Die Hälfte der vom BRH beanstandeten Vermittlungen sei durch das Sozialgesetzbuch gedeckt, wenn sie auch nicht den Weisungen entsprechend abgelaufen seien. Es gebe in der Bundesanstalt für Arbeit keinen Bereich, der nicht in den letzten Jahren überprüft worden sei. Seit 1998 habe der BRH insgesamt 150 Untersuchungen vorgenommen.
Riester für weitere Prüfung
Bundesarbeitsminister Walter Riester sagte, obwohl der Umfang der erfolgreichen Vermittlungen zwischen dem Rechnungshof und der BA strittig sei, sei das Ergebnis einer Innenrevision der Behörde "in der Tendenz" deckungsgleich mit dem Bericht des BRH. Daher sei es nicht ausreichend, die Arbeit der Behörde aus der Selbstverwaltung heraus kritisch zu überprüfen.
Der neue Präsident des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, verwies auf eine weitergehende BRH-Untersuchung von 20 weiteren Arbeitsämtern, um das Resultat der bisherigen Überprüfung von fünf Arbeitsämtern auf eine breite Grundlage zu stellen. Mit Ergebnissen sei in etwa sechs Wochen zu rechnen. Engels bescheinigte sowohl Riester als auch Jagoda, schnell auf seinen Bericht reagiert zu haben.
Die SPD erkundigte sich, ob tatsächlich nur zehn Prozent des Personals der Bundesanstalt für Arbeit an der direkten Arbeitsvermittlung beteiligt sind. Die Vermittlung sei aber die Hauptaufgabe der Nürnberger Bundesbehörde. Die CDU geht davon aus, dass nur jede zehnte Stelle, die in der Bundesrepublik neu besetzt wird, über die Arbeitsvermittlung läuft. Dies sei eine Katastrophe. Die Bündnisgrünen konstatierten einen großen Reformbedarf bei der Bundesanstalt für Arbeit. Die Abgeordneten regten an, externe Gutachter für die Arbeit der Bundesanstalt zuzulassen.
Die FDP bemängelte, dass sich seit 1998 nichts an der internen Statistikführung der Arbeitsvermittlung geändert habe. Auch hätten die Methoden längst reformiert werden müssen. Die FDP will die BA mittelfristig in eine reine Versicherungsanstalt umwandeln. Dafür tritt die Fraktion einem Antrag ( 14/8287) ein. Danach sollen Arbeitslose Vermittlungsgutscheine erhalten, deren Wert gestaffelt für Problemgruppen wie gering Qualifizierte und Langzeitarbeitslose höher ausfällt. Auf diese Weise könne es für Vermittler attraktiv werden, Arbeitslose auch aus Problemgruppen zu vermitteln. Weiter setzt sich die FDP dafür ein, die Arbeitsverwaltung grundlegend neu zu organisieren und zu reformieren. Die BA müsse schlanker, effektiver und leistungsorientierter sowie stärker in den Leistungswettbewerb mit privaten Dienstleistern gestellt werden.
Die PDS wollte wissen, welche Auswirkungen die statistischen Probleme auf die praktische Arbeit der Bundesanstalt gehabt hatten. Konkret ging es darum, wie viele Arbeitslose unter diesen Defiziten gelitten haben.
Im Haushaltsauschuss erklärte Jagoda am gleichen Tag, alle Leistungen der BA würden jetzt unter den Tisch fallen. "Wir brauchen die Bundesanstalt weiter", betonte die Sprecherin der SPD-Fraktion. Ein Reformbedarf sei jedoch unbestritten. Es gehe darum, die BA zu einem modernen Dienstleistungszentrum zu reformieren. Für die Grünen steht die Selbstverwaltung der BA zur Disposition.
Nach Auffassung der Union versucht die Regierung, vom eigentlichen Problem der Arbeitslosigkeit abzulenken. Riester müsse die Verantwortung übernehmen und zurücktreten, da er nicht sagen könne, er habe nichts gewusst. Die PDS wandte ein, dass private Arbeitsvermittler auch keine neuen Arbeitsplätze schaffen könnten.