STASI-UNTERLAGEN
Monatlich über 5.000 neue Anträge auf Akteneinsicht
(nl) Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Marianne Birthler, erhält auch nach über zehn Jahren noch jeden Monat rund 10.000 Anträge auf Akteneinsicht, von denen mehr als 5.000 erstmals gestellte Anträge sind. Dies berichtete sie am 20. März im Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder.
|
Marianne Birthler (links) mit dem Ausschussvorsitzenden Werner Kuhn (CDU/CSU).
Diese Akteneinsicht sei für jene von Bedeutung, die ihr eigenes Verfolgungsschicksal aufklären möchten, weil sie sich bestimmte Verhaltensweisen wie Mobbing, Zurücksetzung oder anonyme Briefe nicht hätten erklären können. Im nutzerfreundlichen Archiv würden 180 Kilometer Akten verwaltet.
Als zweites großes Arbeitsfeld präsentierte Birthler den Abgeordneten die Ersuchen öffentlicher und nicht öffentlicher Stellen. Darunter fielen auch Rehabilitationsanträge und Rentenanträge ehemaliger hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter. Zeitlich befristet bis 2006 seien die Auskünfte über frühere Tätigkeiten als Informelle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes.
Als weiteres Arbeitsgebiet ihrer Behörde nannte Birthler die Forschung und die politische Bildung mit eigenen Publikationen. Man verstehe sich als Dienstleister für die Medien und die Forschung. Birthler wies auch auf die Modellfunktion ihrer Behörde für die Aufarbeitung der Vergangenheit in anderen ehemaligen Ostblockstaaten hin.
"Schriftliche Einwilligung"
Zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März dieses Jahres, wonach Stasi-Unterlagen, die Personen der Zeitgeschichte, Amtsträger und Inhaber politischer Funktionen betreffen, nur mit deren schriftlicher Einwilligung herausgegeben werden dürfen, sagte die Behördenleiterin, dieses Urteil werde "nach bestem Wissen und Gewissen" umgesetzt. Probleme gebe es unter anderem damit, dass manche dieser Personen erst einmal gefunden werden müssten, auch wenn man ihre schriftliche Einwilligung bekommen könnte. Ein weiteres Problem sei der Umgang mit den Akten über verstorbene Personen der Zeitgeschichte.
Man suche jetzt nach Wegen, wie man angesichts dieser Rechtslage noch einiges herausgeben könne. Als Folge des Urteils könnten sich viele Personen darauf berufen, auch wenn man Probleme damit habe, sie als "Opfer" zu sehen. Sie habe deutlich gemacht, so Birthler, dass Akten durch eine Auslegung des Gesetzes nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht werden könnten, sondern nur durch eine gesetzgeberische Initiative.
Der Streit um die Stasi-Akten habe mit der Frage begonnen, ob parlamentarische Untersuchungsausschüsse diese Unterlagen anfordern dürfen. Der Rechtsstreit sei allerdings nur um die Herausgabe an Wissenschaft und Medien geführt worden. Auf Fragen aus dem Ausschuss bestätigte Birthler, dass die interne Forschung in der Behörde nun ein Sorgenkind sei. Es sei zu fragen, was eine Forschung Wert sei, die niemand überprüfen könne.