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Forum: Nitrofen-Skandal
Wie sicher sind unsere Nahrungsmittel?
Skandale um gesundheitsschädliche Stoffe in Lebensmitteln werden in der Öffentlichkeit stets mit besonderer Unruhe verfolgt. In den letzten zehn Jahren haben sich die Schlagzeilen gehäuft. Zuletzt hatte die BSE-Krise vielen Verbrauchern den Appetit verdorben. Immer mehr Konsumenten setzten daher auf ökologische Produkte. Doch jetzt ist auch diese Branche ins Gerede gekommen. Alle Hintergründe des Nitrofen-Skandals, der inzwischen auch die konventionelle Landwirtschaft erfasst hat, sind zwar noch nicht aufgedeckt, doch scheinen hier nicht die Erzeuger, sondern die Lieferanten von verunreinigten Futtermitteln für die Rückstände in Fleischwaren verantwortlich zu sein. Blickpunkt Bundestag hat die fünf Bundestagsfraktionen gefragt, welche Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen sind.
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Bio-Produkte wurden aus den Regalen genommen.
Die Chronologie: Im Januar 2002 findet ein Hersteller von Babynahrung in Bayern bei der Eigenkontrolle in einer Lieferung von Putenfleisch Nitrofen-Rückstände. Im März stellt die Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach eine deutlich über dem zulässigen Grenzwert liegende Konzentration fest. Am 21. Mai erhält das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft erstmals telefonisch vage Hinweise auf mögliche Verunreinigungen von Futtergetreide mit Nitrofen und die Belastung von damit erzeugten Geflügelprodukten. Zwei Tage später haben sich die Hinweise und Fakten so verdichtet, dass das Ministerium das Land Niedersachsen (Sitz des Futtermittelherstellers sowie betroffener Geflügel- und Eierproduzenten) sowie die anderen betroffenen Länder unterrichtet. Dutzende von Betrieben, die Lieferungen von einem bestimmten Futtermittelhersteller in Cloppenburg bezogen haben, werden daraufhin gesperrt (vor allem in Niedersachsen, aber auch in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern). Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern geht an die Arbeit, um die Warenströme von Getreide und Futtermitteln zu klären, die betroffenen Betriebe eindeutig zu identifizieren und eine Schwachstellenanalyse im System der Öko-Kontrollstellen für eventuell erforderliche rechtliche Änderungen vorzunehmen.
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Das Futtermittelwerk, das den mit Nitrofen belasteten Weizen verarbeitet hatte.
Am 1. Juni ergeben Untersuchungen der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern in einem Lager eines Zwischenhändlers in Malchin im Staub Nitrofen-Konzentrationen von zwei Gramm pro Kilo. Die Lagerhalle war seit August 2001 zur Getreidelagerung angemietet. Zu DDR-Zeiten diente sie als Pflanzenschutzmittel-Lager, in einem Teil der Halle wurden Mittel für die Staatsreserve aufbewahrt. Seit der Anmietung gingen nach Angaben des Bundesverbraucherministeriums insgesamt 50 Lieferungen von Ökoware (Weizen, Lupinen, Hafer) in Tranchen zwischen 25 Kilo bis zu 28 Tonnen an etwa 18 Empfänger. Nicht erfasst in dieser Liste waren 72 Tonnen Weizen, die in ein benachbartes Futtermittelwerk geliefert und dort mit 1.000 Tonnen Getreide vermischt wurden. Daraus wurden 50.000 Tonnen konventionelle Futtermittel für Schweine, Hühner und Rinder hergestellt und ausgeliefert. Das verunreinigte Getreide stammte aus einem Betrieb, der von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umstellte.
Am 11. Juni teilt die EU-Kommission in Brüssel mit, dass sie auf zunächst erwogene Sanktionen gegen Deutschland (Vermarktungsverbot für Ökogetreide und Ökofleisch) verzichtet. Die deutschen Maßnahmen seien zufriedenstellend, und die Quelle der Nitrofen-Verseuchung sei nun eindeutig eingegrenzt worden. Am 12. Juni informiert das Landwirtschaftsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern das Bundesministerium in Berlin über eine weitere positiv getestete Weizenprobe aus der Halle in Malchin. Das Futtermittelwerk wird gesperrt. Zugleich wird die Sperrung aller seit Dezember von ihm belieferten Betriebe veranlasst. Bundesweit rund 450 Agrarbetriebe dürfen vorübergehend ihre Produkte bundesweit nicht mehr verkaufen. Das Landeskriminalamt in Schwerin führt die Ermittlungen, um die Verantwortlichen für den Nitrofen-Skandal herauszufinden. Grundsätzlich sind für die Lebensmittelüberwachung die jeweiligen Bundesländer zuständig. Die zuständigen Behörden der Länder überprüfen regelmäßig, ob die Rechtsvorschriften eingehalten werden. Bei den amtlichen Stichprobenkontrollen entnehmen die Kontrolleure eine Probe für die Untersuchung und gleichzeitig eine zweite Gegenprobe. Letztere wird in dem Betrieb zurückgelassen und dient gegebenenfalls für Untersuchungen durch Gegenprobensachverständige.
Bei Betriebskontrollen wird jeder Lebensmittelbetrieb unangekündigt ein bis zwei Mal jährlich kontrolliert. Betriebe, die leicht verderbliche Waren wie Fleisch, Milch oder Fisch herstellen oder verarbeiten, werden besonders intensiv überwacht. Auch Betriebe, deren Hygienezustand als kritisch bekannt ist, werden öfter aufgesucht.
Bei fahrlässigen Verstößen drohen Verwarnungen oder Geldbußen. Vorsätzlich begangene Delikte sind Straftaten und können mit Freiheitsstrafen oder hohen Geldbußen geahndet werden. Zudem können die Betriebe geschlossen werden. Die amtliche Lebensmittelüberwachung muss sich allerdings auf Stichproben beschränken. Eine 100-prozentige Über- wachung ist nicht möglich. Mit krimineller Energie betriebene Mani..pulationen können selbst bei größtem Aufwand und durch noch so zahlreiche Kontrollen nicht ausgeschlossen werden. Ein Restrisiko bleibt.
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Untersuchung von Getreideproben.
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Was ist Nitrofen?
Nitrofen ist ein Pflanzenschutzmittel. Der Gebrauch des braunen kristallinen Pulvers ist in der Bundesrepublik seit 1981 und in den neuen Bundesländern seit 1990 untersagt. In seiner Reinform reizt die Substanz Augen, Haut und Atemwege. In Tierversuchen mit sehr hohen Dosen – denen Menschen allerdings fast nie ausgesetzt sind – führte Nitrofen zu Missbildungen. Wiederum in sehr hoher Dosierung an Mäusen und Ratten verfüttert, erwies sich der Stoff als krebsauslösend. Über die gesundheitliche Wirkung beim Menschen liegen keine gesicherten Daten vor. Experten sehen aber ein erhöhtes Risiko besonders bei Schwangeren.
Nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung von 1999 dürfen Lebensmittel je Kilo maximal 0,01 Milligramm enthalten. Bei dem jetzt untersuchten Putenfleisch wies die Bundesanstalt für Fleischforschung Werte zwischen 0,08 und 0,4 mg/kg nach. Nitrofen ist sehr stabil und baut sich in der Natur kaum ab. Der Stoff kann sich deshalb in der Nahrungskette des Menschen anreichern. Der Nachweis von Pestiziden wie Nitrofen in Lebensmitteln erfolgt in einer bis zu 24 Stunden dauernden Untersuchung.
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft:
www.verbraucherministerium.de
Die zuständigen Ministerien in den betroffenen Bundesländern informieren in der Rubrik Presse:
Nordrhein-Westfalen:
www.munlv.nrw.de
Niedersachsen:
www.niedersachsen.de
Mecklenburg-Vorpommern:
www.mv-regierung.de/lm
Brandenburg:
www.brandenburg.de/land/mlur
Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und
Veterinärmedizin:
www.bgvv.de
Stiftung Warentest:
www.warentest.de
Ökoportal Biolandbau:
www.bio-landbau.de
Ökoprodukte
In der EG-Öko-Verordnung wird die Erzeugung, die Aufbereitung – einschließlich Kennzeichnung -, die Einfuhr und die Kontrolle von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln, die als Ökoprodukte gekennzeichnet sind, geregelt. Die Verordnung schreibt Erzeugern und Verarbeitern genau vor, wie sie produzieren müssen und welche Stoffe sie dabei verwenden dürfen. Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, darf auch nicht verwendet werden. So dürfen zum Beispiel nur die in den Anhängen der Verordnung aufgelisteten Pflanzenschutzmittel und Düngemittel verwendet werden. Bei der Lebensmittelherstellung sind weitaus weniger Zusatz- und Hilfsstoffe als nach dem allgemeinen Lebensmittelrecht erlaubt, um einen geringen Verarbeitungsgrad und damit eine weitgehende Naturbelassenheit zu gewährleisten.
Grundsätzlich sollen alle Zutaten aus dem ökologischen Landbau stammen. Da jedoch nicht immer alle Zutaten in ökologischer Qualität ausreichend verfügbar sind, erlaubt die Verordnung die Verwendung einiger Zutaten aus der konventionellen Landwirtschaft, wenn diese für die Herstellung eines Erzeugnisses notwendig und in ökologischer Qualität nachweislich weder in der EU erzeugt noch importiert werden können. Das sind zum Beispiel ausgewählte exotische Früchte oder einige Gewürze und Öle. Die Bestrahlung von Biolebensmitteln und der Einsatz der Gentechnik ist nicht erlaubt.
Die EG-Öko-Verordnung wird in Deutschland von den Ländern vollzogen. Deren zuständige Behörden haben für die Durchführung des Kontrollsystems insgesamt 22 private Kontrollstellen zugelassen. Die Wirksamkeit ihrer Arbeit wird von den Ländern überwacht. Bislang ist es den Kontrollstellen nach den Bestimmungen der EG-Öko-Verordnung noch nicht möglich, Daten untereinander auszutauschen und so ein Schnellwarnsystem aufzubauen. Nach dem Ende Mai vom Bundesrat gebilligten Öko-Landbaugesetz werden die Prüfer verpflichtet, jeden Verstoß in einem Betrieb bei der zuständigen Landesbehörde zu melden. Bislang müssen sie das nur, wenn gravierende Folgen zu erwarten sind. Die Zulassung der Kontrollstellen übernimmt künftig die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, die auch für die Genehmigung der Einfuhr ausländischer Ökoprodukte aus Drittländern in Deutschland zuständig werden soll.
Das Netz ist schon eng gespannt
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Jella Teuchner, SPD
Der Skandal um die mit Nitrofen belasteten Futter- und Lebensmittel hat gezeigt: Nichtbeachtung bestehender Vorschriften, unzureichende Kontrollen, aber auch kriminelles Verhalten waren die wichtigsten Ursachen.
Notwendig ist es deshalb, die Einhaltung der Vorschriften durch die dafür zuständigen Länder besser zu überwachen und die Ergebnisse der Kontrollen schneller und effektiver weiterzuleiten, damit die Behörden die notwendigen Maßnahmen ergreifen und Verstöße ahnden können. Außerdem müssen die Anstrengungen zum Aufbau durchgehender Qualitätssicherungssysteme fortgeführt und die Eigenkontrollen der Unternehmen ausgebaut werden.
Das Netz der Vorschriften zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit ist bereits eng gespannt. Noch bestehende Lücken werden mit den Maßnahmen geschlossen, die der Bundestag bereits verabschiedet hat, denen der Bundesrat aber teilweise noch zustimmen muss.
So werden mit dem Neuorganisationsgesetz die Rechtsgrundlagen für eine effizientere Aufgabenwahrnehmung der Behörden im Bereich des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit gelegt. Strafen bei Verstößen im Ökobereich werden verschärft. Außerdem wird es durch eine Änderung des Lebensmittelrechts in Zukunft keine "stillen" Rückrufaktionen mehr geben. Seit März gibt es ein nationales Futtermittelkontrollprogramm. Die Sachkundeanforderungen für Kontrolleure werden in einer neuen Verordnung geregelt.
Notwendig ist auch mehr Transparenz für die Verbraucher. Die Vorschriften zur Etikettierung von Lebensmitteln wurden erweitert. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz könnte sich jeder bei den Behörden über den Stand der Erkenntnisse informieren, und die Behörden könnten die Öffentlichkeit schneller und konkreter informieren. Diesem Gesetz hat der Bundesrat jedoch nicht zugestimmt.
Vorsorgender Verbraucherschutz
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Klaus W. Lippold, CDU/CSU
Der Nitrofen-Skandal macht deutlich, dass an entscheidenden Schnittstellen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes Kontrolle und Kommunikation von Risiken versagt haben. Die Verbesserung der Lebensmittelkontrollen in allen Bereichen der Landwirtschaft ist eine Konsequenz, die aus dem Nitrofen-Skandal gezogen werden muss. Dies haben wir bereits in der Sondersitzung des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Mai gefordert.
Auch das Durchführungsrecht im Lebensmittel- und Futtermittelbereich muss vereinheitlicht werden. Bundesministerin Renate Künast hat indes die Empfehlungen der Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit und Verwaltung und Präsidentin des Bundesrechnungshofes, Hedda von Wedel, vom Juni 2001 noch immer nicht aufgegriffen.
Sicherheitsmaßnahmen müssen für alle Bereiche der Lebensmittelproduktion ergriffen werden. Eine Politik, die die klassische und ökologische Landwirtschaft gegeneinander ausspielt, trägt nicht zu mehr Verbraucherschutz bei. Die Defizite im gesundheitlichen Verbraucherschutz gehen aber weiter: Die Kommunikation muss effizienter werden. Obwohl wir die Bundesregierung immer wieder dazu aufgefordert haben, wurden auch hier keine wesentlichen Konsequenzen aus dem Von-Wedel-Bericht gezogen.
Die Verbraucherschutzpolitik der Regierung ist auch deshalb unverantwortlich, weil sie die Diskussion um Nitrofen missbraucht, um für ihr misslungenes Verbraucherinformationsgesetz zu werben. Gleichzeitig wurde unser Vorschlag abgelehnt, eine Vorschrift im Lebensmittelrecht zu ändern, um die Warnung der Behörden beim Verdacht von Gesundheitsgefahren zu erleichtern.
Wir werden unsere Vorstellungen eines effektiven und vorsorgenden Verbraucherschutzes umsetzen, damit die Priorität, die wir dem Gesundheitsschutz einräumen, auch realisiert wird.
Der Skandal gibt uns Recht
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Ulrike Höfken, B'90/Grüne
Der Nitrofen-Skandal zeigt: Die Ausrichtung unserer neuen Agrarpolitik an den Prioritäten des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit ist richtig. Wir müssen diesen jahrzehntelang von CDU/CSU/FDP-Regierungen sträflich vernachlässigten Bereich weiter energisch reformieren. Einen fahrlässigen Umgang mit Giftstoffen und das Vertuschen ihrer Rückstände in Futter- und Lebensmitteln darf es nicht mehr geben. Kontrollen im Lebensmittelbereich müssen verstärkt, Informationen für die Verbraucher verbessert werden.
Genau dies sind die Ziele unseres Kurswechsels in der Agrarpolitik, die wir mit Hilfe zahlreicher gesetzlicher Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt haben. Aktuelle Beispiele sind verbesserte Kontrollen im Futtermittelbereich und im Ökolandbau, die Einführung von Meldepflichten für eventuell gesundheitsschädliche Lebensmittel, die Eindämmung des Medikamentenmissbrauchs in der Tierhaltung und die Einrichtung von zwei neuen Verbraucherschutzbehörden. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz wollen wir ermöglichen, dass die Verbraucher bei Verdacht auf Gesundheitsgefährdung rechtzeitig vor bestimmten Produkten gewarnt werden.
In diese Richtung müssen wir weitergehen. Unsere Ziele sind sichere Lebensmittel, hohe Qualität und eine umwelt- und tiergerechte Produktion. Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf Transparenz und Information – insbesondere, wenn es um ihre Gesundheit geht. Gerade angesichts des Nitrofen-Skandals ist es unbegreifbar, dass die Opposition das Verbraucherinformationsgesetz blockiert. Zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit sind wir darauf angewiesen, dass die Bundesländer mitziehen. Denn sie sind zuständig für Futter- und Lebensmittelkontrollen und müssen die häufig vorherrschenden Missstände in diesem Bereich – zum Beispiel fehlende Ausstattung und Zersplitterung der Kompetenzen – endlich beheben.
Bestehende Gesetze anwenden
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Gudrun Kopp, FDP
Die Frage, ob Lebensmittelkontrollen und Verbraucherschutz verstärkt werden müssen, können wir eindeutig mit Ja beantworten! Die wirksamsten Mittel gegen Lebensmittelskandale sind die Anwendung bestehender Gesetze, ein funktionierendes Frühwarn- und Krisenmanagement innerhalb der Behörden und ein dichtes Kontrollsystem. Gerade aber die Kontrollen sind äußerst lückenhaft. Bei etwa 200.000 Lebensmittelinfektionen pro Jahr fehlen nach Angaben des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure auf Bundes- und Länderebene derzeit 2.500 Kontrolleure, um die EU-Vorgaben erfüllen zu können. Je nach Ansiedlungsdichte von Betrieben ist nämlich ein Kontrolleur derzeit für bis zu 1.800 Unternehmen zuständig.
Diese Zahlen sprechen für sich und machen deutlich, dass lediglich Stichproben – wenn überhaupt – durchgeführt werden können. Schwarze Schafe haben so größten Handlungsspielraum. Zudem sind immer wieder Meldelücken und Organisationsmängel bei den Behörden mitverantwortlich für die Dauer von unentdeckten Lebensmittelkontaminationen.
Die rot-grüne Bundesregierung weiß von diesen Defiziten und reagiert konzeptionslos auf diese Mängel. Anstatt nämlich die Länder mit weiteren Kosten für den bürokratischen Aufbau von wenig aussagekräftigen Informationen im Rahmen des Verbraucherinformationsgesetzes zu belasten, sollte im Rahmen einer Bund-Länder-Vereinbarung nach Finanzierungsmöglichkeiten für eine Stärkung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes gesucht werden. Lebensmittelsicherheit kostet Geld – sie darf nicht enden bei der Frage: "Wer zahlt?"
Verbraucherschutz unzureichend
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Kersten Naumann, PDS
Die Hintergründe des neuerlichen Lebensmittel- und Futtermittelskandals bestätigen wieder, dass die Kontroll- und Schutzmechanismen für den gesundheitlichen Verbraucherschutz offensichtlich unzureichend sind. Einige treiben ihren Profit ins Uferlose und setzen dabei die Gesundheit von Menschen aufs Spiel. Sie führen dem Ansehen des landwirtschaftlichen Berufsstandes einen großen Schaden zu und verursachen dem Steuerzahler hohe finanzielle Aufwendungen.
Die gegenwärtigen rechtlichen Bedingungen sowie die Selbstverpflichtungen und Selbstkontrolle der Wirtschaft reichen nicht aus, um Sicherheit zu bieten.
Die PDS ist für die Durchsetzung von verbindlichen Qualitätssicherungssystemen und Produktionskontrollen in allen Stufen der landwirtschaftlichen Lebensmittelherstellung. Diese müssen Folgendes beinhalten:
- die Kennzeichnung bzw. offene Deklaration aller in die Produktion einfließenden Stoffe,
- eine Dokumentation der Warenströme für eine bessere Rückverfolgbarkeit,
- die Einführung einer Positivliste für Futtermittel und
- die Anwendung von einheitlichen Gütesiegeln auf Nahrungsmitteln.
Alle Stoffe, die in die Nahrungsmittelproduktion Eingang finden, müssen sicher sein. Dazu halten wir bundesweit einheitliche Regelungen für notwendig, die die Unternehmen verpflichten, eine Garantieerklärung für jede Charge abzugeben. Sie sind mit einer Produkt- und Umwelthaftung zu verbinden.
Für die Verbesserung der Lebensmittelsicherheit ist es unabdingbar, ein einheitliches Durchführungsrecht und dessen Vollzug zu schaffen. Durch den Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften könnte die einheitliche Ausführung der Bundesgesetze und des Gemeinschaftsrechts verbessert werden. Das schließt den bundesweiten standardisierten Informationsaustausch und deren Zusammenfassung sowie Bewertung ein.