Aktuelles
Der Bundeswahlleiter bei der Arbeit
"Im Auge des Hurricans"
|
|||||||||
Bundeswahlleiter Johann Hahlen.
Der Wahlkreis 214 war am schnellsten. Um 20.17 Uhr gab Bundeswahlleiter Johann Hahlen bekannt, wie die Südpfälzer bei dieser Bundestagswahl 2002 gestimmt hatten. Die Ergebnisse aus den weiteren 298 Wahlkreisen ließen dann allerdings auf sich warten. Erst um 03.45 Uhr – immerhin eine Stunde früher als bei der Wahl 1998 – konnte der Bundeswahlleiter mit dem "vorläufigen amtlichen Ergebnis" aufwarten und den spannenden Wahlkrimi dieser Nacht abschließen.
Hahlen (59), im "Hauptberuf" Präsident des Statistischen Bundesamtes, ist vom Bundesinnenminister auf unbestimmte Zeit ernannt worden – die technischen Möglichkeiten, die das Wiesbadener Amt bietet, hatten die Personalunion zwischen Präsident und Wahlleiter nahe gelegt. Es war dies bereits die zweite Bundestagswahl, für die Hahlen die Verantwortung trug – aber Routine hatte sich noch nicht eingestellt. "Ich habe zu Hause eine Kerze aufgestellt, damit alles klappt", scherzte er noch am frühen Wahlsonntag-abend in seinem Büro im Berliner Reichstagsgebäude, das ihm der Bundestag zur Verfügung gestellt hatte. Bis zu 200 Mitarbeiter waren an den monatelangen Vorarbeiten beteiligt gewesen, am Wahltag waren noch 80 davon – vorwiegend Spezialisten der Informationstechnik – vor Ort. Man fühlte sich gut gerüstet, "aber ohne die fantastische Unterstützung durch die Bundestagsverwaltung", so Hahlen, "wäre das alles nicht zu schaffen gewesen!"
Während kurz nach Schließung der Wahllokale bereits heftiges Gedränge vor den Wahlstudios der Fernseh-anstalten herrschte und sich die Hektik von Minute zu Minute steigerte, stellte das Büro Hahlens noch eine Insel der Ruhe dar. "Wir befinden uns hier im Auge des Hurricans", hatte der Bundeswahlleiter im Gespräch mit Gästen aus den USA gesagt. Zwar gaben sich Besucher und Journalisten die Klinke in die Hand, zwar erfüllte Hahlen zahlreiche Interview-Wünsche der TV-Anstalten – aber wenn er sich durch die drangvolle Enge auf den Gängen des Reichstags kämpfte und sich vergewisserte, dass am Infostand der Bundeswahlleitung alle Helfer in Aktion waren, dass die Projektionsflächen funktionierten, auf denen später die Zählergebnisse aus allen Teilen des Bundesgebiets abgelesen werden konnten, und dass die vier Terminals mit Internetanschluss dienstbereit waren, dann wirkte der Präsident wie die personifizierte Gelassenheit: "Ich kann Ihnen zurzeit überhaupt nichts sagen – nicht, bevor die Wahlkreisergebnisse vorliegen."
Der Bundeswahlleiter hat laut Bundeswahlgesetz (BWG) für die "ordnungsgemäße Durchführung der Wahl" zu sorgen, von der Entgegennahme der Anzeigen über die Beteiligung an der Wahl bis hin zur Bekanntgabe des endgültigen Ergebnisses .- diesmal am 9. Oktober – und zur nachträglichen Überprüfung etwaiger Beanstandungen. Dabei arbeitet er eng mit den Wahlgremien auf Landes-, Kreis- und Bezirksebene zusammen. Wirkliche Pannen musste Hahlen nicht befürchten, "aber bei einer neuen Software besteht doch immer ein gewisses Risiko. Deshalb die Kerze."
Der Morgen graute bereits, als das Team des Wahlleiters das
Reichstagsgebäude verließ. Beim Frühstück im
Hotel ließ die Anspannung langsam nach und machte einer
gewissen Zufriedenheit Platz: Ein Risikofall war nicht eingetreten,
die neue internet-basierte Software hatte sich bewährt, der
Datenverbund mit den Landeswahlleitungen hatte funktioniert, und
auch der Ausdruck der Ergebnislisten hatte noch geklappt. Und wenn
in Hessen nicht ein paar Briefwahl-Verantwortliche vorzeitig nach
Hause gegangen wären, dann wäre die Auszählung noch
früher beendet gewesen. Dann hätte Johann Hahlen
vielleicht auch noch eine Mütze voll Schlaf bekommen, ehe er
sich am Montagmorgen auf den Weg zurück nach Wiesbaden
machte.
Ada Brandes