Überschuldeten Verbrauchern wirtschaftlichen Neuanfang erleichtern
Berlin: (hib/BOB) Nach dem Willen der Bundesregierung soll es überschuldeten Verbrauchern künftig erleichtert werden, über eine Restschuldbefreiung einen wirtschaftlichen Neuanfang zu erreichen. Die Regierung strebt deshalb mit einem Gesetzentwurf ( 14/5680) an, die Insolvenzordnung zu ändern. Darin heißt es, sollte das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen, die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu decken, seien ihm diese unter Einsatz öffentlicher Mittel künftig zu stunden. Diese Stundung umfasse unter anderem die Gerichtsgebühren und die im vorläufigen Insolvenzverfahren und im Schuldenbereinigungsplanverfahren entstandenen Auslagen. Zu berücksichtigen seien außerdem Vergütungsansprüche des Insolvenzverwalters. Die Regierung betont in diesem Zusammenhang, die Verfahrenskosten würden nicht endgültig von der Staatskasse übernommen, sondern deren Fälligkeit lediglich hinausgeschoben. Nach einer wirtschaftlichen Erholung habe der Schuldner die Verfahrenskosten deshalb selbst zu tragen. Eine "Entschuldung zum Nulltarif", wie von Kritikern behauptet, werde es deshalb nicht geben. Wie es in dem Gesetzentwurf weiter heißt, verzichtet die Regierung auf die Lösung, durch eine gesetzliche Neuregelung betroffenen Schuldnern grundsätzlich Prozesskostenhilfe zuzugestehen, da in diesem Fall auf die Länder erhebliche Kosten zugekommen wären.
Eine weitere Änderung der Insolvenzordnung zielt nach Regierungsangaben darauf ab, künftig aktive und auch ehemalige Kleinunternehmer aus dem Anwendungsbereich des Verbraucherinsolvenzverfahrens auszuschließen. Eine Ausnahme sei lediglich für solche Kleinunternehmer vorgesehen, deren Verschuldungsstruktur der von Verbrauchern im Wesentlichen entspreche. Um beide Personenkreise voneinander abzugrenzen, soll der Ausschluss vom Verbraucherinsolvenzverfahren dann erfolgen, wenn ein Schuldner mehr als 20 Gläubiger hat. Gleiches solle gelten, wenn noch Verbindlichkeiten aus früheren oder gegenwärtigen Arbeitsverhältnissen bestehen.
Die Regierung verspricht sich von ihren Maßnahmen eine Stärkung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, das die in es gesetzten Erwartungen bisher nur ansatzweise erfüllt habe. Dies liege zum einen an Anlaufschwierigkeiten, zum anderen an der starken Belastung der Schuldnerbera-
tungsstellen. Noch seien nicht alle Länder in ausreichendem Maße ihrer Finanzierungsverantwortung dafür gerecht geworden. Auch viele Rechtsanwälte seien nicht bereit, sich in größerem Umfang in dieser Hinsicht zu engagieren, da ihre Tätigkeit nicht kostendeckend sei. Eine "maßvolle Gebührenerhöhung" zu Gunsten der Anwälte sei deshalb erforderlich, so die Regierung. Sie verweist im Übrigen darauf, im Jahre 1999 sei die Zahl der überschuldeten Haushalte in Ostdeutschland (einschließlich Berlin) auf 870.000 Fälle gestiegen, während die Zahl in Westdeutschland leicht auf 1,9 Millionen Fälle zurückgegangen sei. Unter den überschuldeten Haushalten hätten sich in jenem Jahr rund 1,2 Millionen Familien mit etwa 2 Millionen Kindern befunden. Gerade auch im Interesse dieser Menschen seien Maßnahmen erforderlich, um Überschuldung überwinden zu helfen und einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen.