Überwiegend vor Auflösung gemeinsamer Bildungsplanung gewarnt
Berlin: (hib/BOB) Die "Neuordnung der bildungs- und forschungspolitischen Zuständigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland" waren Thema einer öffentlichen Anhörung. Als Grundlage diente unter anderem ein Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ( 15/935), der sich für eine erfolgreiche Fortsetzung der gemeinsamen Bildungsplanung von Bund und Ländern im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) ausspricht. Nach Meinung von Eva-Maria Stange (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - GEW) ist ein wesentliches Qualitätskriterium für die GEW die Gewährleistung von Chancengleichheit im Bildungswesen, unabhängig von regionalen, sozialen oder herkunftsbedingten Unterschieden. Die GEW sehe die Notwendigkeit, die Arbeitsteilung und Kooperation zwischen Bund und Ländern zu überprüfen, vor allem darin begründet, dass die grundgesetzlich garantierte Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in Deutschland in vielen Bereichen ernsthaft gefährdet sei. Die von den Regierungschefs diskutierten Vorschläge zur Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern würden das soziale Gefälle zwischen den finanzstärkeren und den finanzschwächeren Bundesländern verschärfen. Eine Auflösung der BLK oder der Ausstieg einzelner Länder würde insbesondere das Ende der gemeinsamen Bildungs- und Forschungsförderung sowie der Bildungsplanung bedeuten.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hält die Neuordnung der föderalen Zuständigkeiten und Aufgaben für eines der zentralen Reformvorhaben, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland dauerhaft zu sichern. Eine Entflechtung des föderalen Systems wird daher von Seiten der Arbeitgeber grundsätzlich begrüßt. Vor übereilten Entscheidungen im Bildungswesen müsse allerdings gewarnt werden, solange eine grundlegende Neuordnung der gesamten Finanz- und Steuerströme noch aussteht. Zudem müsse die nach wie vor besondere Situation der neuen Länder Berücksichtigung finden. Eine Abschaffung der BLK scheine vor dem Hintergrund der jetzt anstehenden Herausforderungen im
deutschen Bildungswesen unangebracht. Professor Heinrich Gaehtgens (Hochschulrektoren-Konferenz) betrachtet die gegenwärtigen Diskussion um die Kompetenzverteilung im Bereich des Hochschulwesen mit "größter Sorge". Das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich des Wissenschaft habe sich in der Vergangenheit bewährt. Mit seiner Hilfe wurden entsprechend dem Verfassungsgebot einheitlicher Lebensbedingungen annähernd vergleichbare Bildungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen von Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen in den verschiedenen Bundesländern geschaffen. Auch der brandenburgische Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) ist der Auffassung, es gebe keinen Grund die BLK aufzulösen. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund müsse allerdings verbessert werden. Der sächsische Minister für Wissenschaft und Kunst, Matthias Rößler, spricht sich nicht für die Abschaffung der BLK, sondern vielmehr für eine Überprüfung ihrer Struktur und der Effizienz ihrer Arbeitsweise aus.
Professor Christoph Degenhart (Universität Leipzig) ist der Auffassung, es "seien hinreichende rechtliche Möglichkeiten für eine Änderung der gemeinsamen Bildungsplanung gegeben", aber es sei eine "differenzierende Sicht erforderlich". Die Komplexität der bundesstaatlichen Ordnung in ihrer Eingliederung auch in die europäische Ordnung entziehe sich allgemein gültigen Lösungen für eine Vereinfachung. Ein allmähliches Vordringen des Bundes würde in die originäre Kompetenzsphäre der Länder führen und damit der bundesstaatlichen Kompetenzordnung im Ergebnis eher abträglich sein. Andererseits sei eine Bildungsplanung in der bisherigen Form der gemeinschaftlichen Aufgabenwahrnehmung von Bund und Ländern im Interessen der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bildungsbereich nicht zwingend geboten. Hierfür erforderliche gleichwertige Bildungsstandards in den Bundesländern ließen sich mit dem Instrumentarium der Länderkooperation gleichermaßen wirksam herstellen. Nach Auffassung von Professors Jürgen Zöllner, des rheinland-pfälzischen Ministers für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, gibt es gute Gründe, warum in der Bundesrepublik die Diskussion über die Bund-Länder-Beziehungen begonnen hat. Ohne Zweifel klafften in vielen Fällen Zuständigkeit und Verantwortung auseinander. Dies führe zu ineffizienten und langwierigen Abstimmungsprozessen. Professor Hans-Olaf Henkel, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, ist ein großer Anhänger des Wettbewerbs. Eine Entflechtung in den bildungspolitischen Zuständigkeiten wäre deshalb zu begrüßen.