Sachverständige wollen an der Regionalförderung festhalten
Berlin: (hib/VOM) Die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) sollte nach Auffassung von Experten nicht aufgegeben werden. Dies machen die Stellungnahmen für eine öffentliche Anhörung des Unterausschusses "Regionale Wirtschaftspolitik" des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit deutlich, die am Mittwoch um 15 Uhr im Saal E.200 des Paul-Löbe-Hauses begonnen hat. Thema ist die Zukunft der nationalen und europäischen Strukturpolitik, vor allem der GA. So erklärt beispielsweise die Arbeitsgemeinschaft Peripherer Regionen Deutschlands (APER), der 33 Landkreise und kreisfreie Städte in Grenzregionen angehören, eine Abschaffung der GA in Westdeutschland würde die Solidargemeinschaft zwischen West und Ost zerstören. Der Beschluss des Bundeskabinetts vom 2. Juli,
die Regionalfördermittel in den alten Bundesländern ab 2004 zu streichen, sei "schon im Ansatz" falsch. Dieser Beschluss verfüge über gravierende politische Sprengkraft im Verhältnis der westdeutschen und ostdeutschen Länder, weil die GA auf der die Solidarität aller deutscher Länder basiere.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält die koordinierte Regionalförderung heute für genauso erforderlich wie früher. Eine Abschaffung der GA hätte eine ungleichgewichtige Regionalförderung entsprechend der Finanzkraft der Regionen und Länder und ein stärkeres Fördergefälle zwischen wohlhabenden und ärmeren Ländern in der Bundesrepublik zur Folge. Abgelehnt wird auch die Konzentration der Infrastruktur- und Wirtschaftsförderung auf Wachstumspole, von denen eine "Leuchtturmwirkung" nicht zu erwarten sei. Dies würde nur zu noch größeren Entwicklungsdisparitäten zwischen den Wachstumspolen und den umliegenden schwach entwickelten Regionen führen, heißt es in der Stellungnahme. Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist der Auffassung, eine gänzliche Abschaffung der GA würde in den alten Ländern die Entwicklung von nach wie vor im Strukturwandel befindlichen Regionen behindern. Ein regionaler Konzentrationsprozess und damit eine Abkoppelung peripherer Regionen wäre nicht auszuschließen. Die Arbeitslosigkeit in diesen Regionen würde zunehmen.
Nach Darstellung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit werden mit der GA Anreize und Subventionen für private und öffentliche Investitionen in besonders strukturschwachen Regionen angeboten. Die Konzentration auf Wachstumspole würde das Konzept der GA auf den Kopf stellen. In den neuen Ländern hat die GA durch die Förderung von Unternehmensinvestitionen nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung wesentlich zum Aufbau einer international wettbewerbsfähigen Exportbasis beigetragen. Die mittlerweile verstetigten privaten Investitionen im Exportbereich müssten aber weiterhin unterstützt werden. Das Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung weist darauf hin, dass die GA in den neuen Ländern noch immer das wichtigste, finanziell am stärksten ausgestattete Instrument der Wirtschaftsförderung ist. Die neuen Länder könnten den Wegfall des derzeitigen Förderstatus bei der EU-Strukturpolitik aus eigener Kraft nicht kompensieren, so das Institut. Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung hält einen regionalpolitischen Ordnungsrahmen ohne Mischfinanzierung für denkbar. Möglich wären pauschale Zuweisungen vom Bund oder eine Regelung im Rahmen des Finanzausgleichs auf der Basis eindeutiger und klarer Abgrenzungen der regionalpolitisch förderfähigen Sachverhalte.