Sachverständige rechnen mit einer Stabilisierung von Finanzkonglomeraten
Berlin: (hib/VOM) Eine Stabilisierung von Finanzkonglomeraten erhoffen sich die Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank. Dies betonten Vertreter beider Institutionen am Mittwochnachmittag in einer nichtöffentlichen Anhörung des Finanzausschusses. Gegenstand des Fachgesprächs war ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Finanzkonglomerate-Richtlinie (15/3641). Unter Finanzkonglomeraten werden dabei Finanzgruppen verstanden, die ihre Dienstleistungen und Produkte in verschiedenen Finanzbranchen anbieten. Bislang unterliegen Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen, die Teil eines solchen Konglomerates sind, keiner gruppenweiten Beaufsichtigung. Dies gilt vor allem für die Solvabilität (Verhältnis zwischen Prämien und Schäden einerseits und Eigenkapital andererseits) und die Risikokonzentration innerhalb des Konglomerates, aber auch für gruppeninterne Transaktionen, für das interne Risikomanagement und für die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleitung. Künftig soll die BaFin dafür zuständig sein, vor allem die Solvabilität eines Finanzkonglomerates zu beurteilen. Vorgesehen ist, Informationspflichten für Unternehmen eines Konglomerates festzulegen und Anforderungen an die Solvabilität zu definieren.
Die Deutsche Bundesbank würdigte den Entwurf, weil dadurch künftig Risiken besser abzuschätzen und die Gefahren der Risikokonzentration besser zu erkennen seien. Auch werde die Solvenzaufsicht verbessert. Die Bundesbank regte darüber hinaus an, den Informationsaustausch mit der BaFin, der sich bislang nur auf den Bankensektor bezieht, auch auf die Versicherungsunternehmen auszudehnen. Dadurch könne die Stabilität der Finanzmärkte noch besser beurteilt werden. "Wir betreten alle Neuland", kennzeichnete der Vertreter der BaFin die Situation. Mit der Richtlinie seien die Prinzipien gesetzt worden; wie sie auszufüllen sind, sei ein Entwicklungsprozess. Der Gesetzentwurf habe keine direkten Auswirkungen auf den Privatanleger. Große Finanzinstitute hätten für ihn die Bedeutung als solide Partner, die künftig auch als Konzern überwacht würden.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft begrüßte den Gesetzentwurf. Bei den Versicherungen gebe es die größte Zahl an Konglomeraten. Ziel sei es, das Vertrauen in die Versicherungsunternehmen zu stärken. Nach Meinung des Verbandes soll der europäische Rahmen Flexibilität ermöglichen. Der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken (ZKA) bewertete positiv, dass sich der Gesetzentwurf eng an der Richtlinie orientiert. Nicht erforderlich sei aus Risikogesichtspunkten die Einbeziehung der Kapitalanlagegesellschaften in die zusätzliche Aufsicht, so der Vertreter des ZKA. Auch der Verband der Auslandsbanken bat, die Probleme dieser Gesellschaften noch einmal zu beleuchten. Die Risiken existierten nicht in diesen Gesellschaften selbst, daher sei deren Behandlung im Gesetzentwurf nicht sachgerecht.