Wann war’s – wer war’s?
Gewinnen Sie eine Reise nach Berlin!
Der amerikanische Historiker Michael S. Cullen erinnert in jeder Ausgabe an eine Episode der Reichstagsgeschichte. Wir stellen am Ende des Artikels eine Frage. Die Antwort schicken Sie als Fax, E-Mail oder per Postkarte an: Media Consulta Deutschland GmbH, Wassergasse 3, 10179 Berlin, Fax: (030) 65 000-190, E-Mail: blickpunkt@media-consulta.com. Einsendeschluss ist der 24. September 2003. Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost. Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin. Die Lösung unseres Rätsels in Heft 4/03 lautet: Kaiser Wilhelm II. regierte bis 1918. Eine Reise nach Berlin hat Joachim Theunert aus Düsseldorf gewonnen.
„Der Kaiser und die Maurerkelle“
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Michael S. Cullen. | ||||||||||
Am 9. Juni 1884 war es endlich so weit. Nachdem der Architekt Paul Wallot seinen preisgekrönten Entwurf des Reichstagsgebäudes auf Wunsch des Kaisers mehrfach hatte überarbeiten müssen, wurde in einer prunkvollen Feier in Anwesenheit von Wilhelm I. und Reichskanzler Otto von Bismarck der Grundstein gelegt. Auf Grund von Gerüchten über Attentatspläne war noch am Vorabend die Polizei mit einer Baukolonne angerückt und hatte den Kaiserpavillon untersucht – jedoch ohne etwas zu finden. Berlin war beflaggt, das Volk legte Festtagskleidung an und strömte zur Baustelle. Die Feier verlief würdig, auch wenn das Wetter nicht mitspielte. „Es war kein Kaiserwetter“, bemerkte die „National-Zeitung“, denn es regnete in Strömen. Eine Fotografie zeigt die versammelten Herrschaften mit aufgespannten Regenschirmen – die Honoratioren jedoch ohne Schutz und Schirm. Als Wilhelm – und nicht etwa der Reichstagspräsident Albert von Levetzow – als Erstes die traditionellen Hammerschläge tat, konnte man seine Worte nicht verstehen, weil der inzwischen 87-Jährige zu leise sprach. Prinz Wilhelm, der zukünftige Kaiser Wilhelm II., ging hingegen so forsch zur Sache, dass die Versammlung „mit ihrem Beifall nicht zurückhalten“ konnte.
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Die
Grundsteinlegung nach einen Aquarell von Anton von Werner. |
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In den Grundstein eingelassen wurde eine Dokumentenkapsel. Sie enthielt unter anderem den Erlass „An das Deutsche Volk“, der die Erneuerung der deutschen Kaiserwürde vom 17. Januar 1871 betraf, die Verfassung des Deutschen Reiches, die Baugeschichte des Reichstagsgebäudes bis zur Grundsteinlegung und einen vollständigen Satz der Reichsmünzen aus Prägungen aller deutschen Münzstätten.
Als dann dem Kaiser ein blaues Samtkissen mit der Maurerkelle überreicht wurde, fiel sie zu Boden. „Peinlichkeit und Geflüster! Was bedeutet das für die Zukunft?“, schrieb ein Korrespondent. Dann schlugen sage und schreibe 75 Persönlichkeiten den Hammer, darunter endlich auch der Reichstagspräsident und der Architekt Paul Wallot, der die Feier „entschieden großartig“ fand.
Eine englische Zeitung sah in der Feier dennoch den Beweis dafür, dass selbst im kriegerischen Deutschland die Volksvertretung Achtung genieße. Gleichwohl war die Dominanz des Militärischen über das Zivile nicht zu übersehen. Otto von Bismarck trug eine weiße Kürassieruniform. Und selbst Reichstagspräsident von Levetzow erschien in der Uniform eines Landwehrmajors, weil sein Erscheinen in Zivil wohl als Affront gegen den Kaiser aufgefasst worden wäre. Das wiederum wurde in der liberalen Presse kritisiert: „Die Überschätzung des militärischen Berufes in unserem gesammten Staats- und öffentlichem Leben“, schrieb die „Frankfurter Zeitung“, „der Militarismus und Bureaukratismus ist es, dessen Auswüchse uns in diesem Falle wieder ganz besonders bemerkbar geworden sind.“
Wie dem auch sei. Der Grundstein für das Parlament war gelegt – auch wenn das Parlament bei dieser kaiserlichen Veranstaltung deutlich zu kurz kam.
Die Preisfrage lautet: In welchem Jahr wurde das Reichstagsgebäude fertig gestellt?