Kurzchronik der Bundesversammlungen seit 1949
1954: Keine Alternative zu Heuss
1959: Plötzlich Lübke statt Adenauer
1964: Vorspiel zur großen Koalition aus CDU/CSU und SPD
1969: Eine SPD/FDP-Koalition bahnt sich an
1974: Die SPD/FDP-Koalition setzt sich fort
1979: Absolute Mehrheit für die Bonner CDU/CSU-Opposition
1984: Wieder absolute Mehrheit der CDU/CSU
1989: Mehrheit der Koalition aus CDU, CSU und FDP
1994: Trotz Mehrheit der Koalition aus CDU, CSU und FDP zunächst offener Wahlausgang
1999: Wahlerfolg der neuen Koalition aus SPD und B90/ DIE GRÜNEN
1949: Koalition = Präsident + Kanzler
Ausgangslage: CDU, CSU, FDP und Deutsche Partei (DP) verabreden eine Koalition. Der Freidemokrat Theodor Heuss soll Präsident und der Christdemokrat Konrad Adenauer Kanzler werden.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 12.
September 1949:
Im zweiten Wahlgang wird Theodor Heuss gewählt, mit 416
Stimmen gegen 312, die für den SPD-Vorsitzenden Kurt
Schumacher abgegeben werden.
1954: Keine Alternative zu Heuss
Ausgangslage: Adenauers Koalition aus CDU/CSU, FDP und zwei anderen Parteien verfügt über eine bisher einzigartig starke Mehrheit. Der amtierende Bundespräsident hat sich hohes Ansehen erworben. Die SPD-Opposition verzichtet deshalb auf einen Gegenkandidaten. Die KPD benennt in letzter Minute und ohne dessen Einwilligung den Heidelberger Alfred Weber.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 17.
Juli 1954:
Theodor Heuss vereinigt im ersten Wahlgang 871 von 987 abgegebenen
Stimmen auf sich. Alfred Weber erhält 12 Stimmen.
1959: Plötzlich Lübke statt Adenauer
Ausgangslage: Der CDU/CSU fehlen in der Bundesversammlung nur drei Stimmen zur absoluten Mehrheit. Sie kann zwar nicht mehr auf die inzwischen oppositionelle FDP, dafür aber auf andere Partner wie die DP zählen. Bundeskanzler Adenauer entschließt sich überraschend zur Präsidentschafts-Kandidatur, zieht sie aber unter sensationellen Umständen drei Wochen vor der Bundesversammlung, außenpolitische Gefahren anführend, wieder zurück. Die CDU/CSU benennt nach fieberhaften Beratungen den Bundesernährungsminister Heinrich Lübke als Kandidaten.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 1. Juli 1959:
Heinrich Lübke erreicht im zweiten Wahlgang 526 und damit sechs Stimmen mehr als die absolute Mehrheit. Der sozialdemokratische Bewerber, Carlo Schmid erhält 386, Max Becker von der FDP 94 Stimmen.
1964: Vorspiel zur großen Koalition aus CDU/CSU und SPD
Ausgangslage: Die Union hat weder die absolute Mehrheit noch die Unterstützung ihres Koalitionspartners FDP. Die Freien Demokraten wollen aber auch der SPD (was sie numerisch könnten) nicht zum Sieg verhelfen und nominieren ihren Justizminister Ewald Bucher. Noch ehe sich die CDU/CSU auf eine Wiederwahl Lübkes festgelegt hat, setzt sich der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Herbert Wehner für ihn ein. Das wird vielfach als Vorleistung für eine große Koalition gewertet.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 1.
Juli 1964:
Absolute Mehrheit für Heinrich Lübke im ersten Wahlgang
(710 Stimmen), 123 für den Freidemokraten Bucher, ein Rekord
an Enthaltungen (187) - sicher ein Signal dafür, dass manche
Sozialdemokraten dem neuen Kurs noch nicht folgten.
1969: Eine SPD/FDP-Koalition bahnt sich an
Ausgangslage: Die Parteien der CDU/CSU-SPD-Koalition können sich nicht auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten einigen. Keine Partei hat die absolute Mehrheit. Die Union stellt Gerhard Schröder, die SPD Gustav Heinemann auf, beide Minister im Kabinett Kiesinger. Die FDP schlägt sich zum ersten Mal auf die Seite der SPD und gibt damit den Ausschlag: Die sozialliberale Koalition bahnt sich an.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 5.
März 1969:
Zum ersten Mal wird der Bundespräsident im dritten Wahlgang,
also nur mit relativer Mehrheit gewählt. Es ist Gustav
Heinemann. Auf ihn entfallen 512 Stimmen, gegenüber 506
für Gerhard Schröder.
1974: Die SPD/FDP-Koalition setzt sich fort
Ausgangslage: Bundespräsident Gustav Heinemann versagt sich (anders als seine Vorgänger Heuss und Lübke) einer Wiederwahl. Darauf stellt sich der FDP-Vorsitzende und Außenminister Walter Scheel zur Wahl. Die Union benennt Richard von Weizsäcker. Die Mehrheit ist der SPD-FDP-Koalition von vornherein sicher.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 15.
Mai 1974:
Walter Scheel erreicht die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang mit
530 Stimmen. Richard von Weizsäcker erhält 498
Stimmen.
1979: Absolute Mehrheit für die Bonner CDU/CSU-Opposition
Ausgangslage: Zum ersten Mal seit 1949 stellt eine Fraktion allein die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung. Es ist die im Bundestag in Opposition stehende CDU/CSU. Sie nominiert Bundestagspräsident Karl Carstens. Bundespräsident Walter Scheel verzichtet auf eine zweite Kandidatur. Für die SPD stellt sich Annemarie Renger, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, für eine Kandidatur zur Verfügung.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 23.
Mai 1979:
Karl Carstens erreicht - wie sein Vorgänger bei der Wahl von
1974 - im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit. Er erhält 528
Stimmen. Für Annemarie Renger werden 431 Stimmen
abgegeben.
1984: Wieder absolute Mehrheit der CDU/CSU
Die CDU/CSU, die jetzt den Bundeskanzler stellt, verfügt erneut über die absolute Mehrheit in der Bundesversammlung. Sie benennt Richard von Weizsäcker, den bisherigen Regierenden Bürgermeister von Berlin. Die SPD hatte bereits vorher erklärt, dass sie im Falle einer Nominierung von Weizsäckers auf die Aufstellung eines eigenen Kandidaten verzichten werde. Auch die FDP stimmt der Kandidatur von Weizsäckers zu. DIE GRÜNEN stellen die Schriftstellerin Luise Rinser als Kandidatin auf.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 23.
Mai 1984:
Richard v. Weizsäcker erhält im ersten Wahlgang 832 von
1.028 abgegebenen Stimmen und ist damit gewählt. Auf Luise
Rinser entfallen 68 Stimmen.
1989: Mehrheit der Koalition aus CDU, CSU und FDP
Verluste der CDU/CSU bei den Bundes- und Landtagswahlen bedeuten für die CDU/CSU den Verlust der absoluten Mehrheit. Schon frühzeitig sprechen sich die Präsidien von CDU, SPD und FDP für eine Wiederwahl von Weizsäckers aus, die CSU schließt sich an. DIE GRÜNEN erklärten im Vorfeld der Wahl, einen eigenen Kandidaten aufstellen zu wollen, verzichteten jedoch später darauf.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 23.
Mai 1989:
Richard von Weizsäcker erhält im ersten Wahlgang 881 von
1.019 abgegebenen gültigen Stimmen und ist damit für eine
zweite Amtsperiode zum Bundespräsidenten gewählt.
1994: Trotz Mehrheit der Koalition aus CDU, CSU und FDP zunächst offener Wahlausgang
CDU und CSU nominieren den bisherigen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Roman Herzog, während die FDP mit Hildegard Hamm-Brücher eine eigene Kandidatin benennt. Die SPD nominiert den nordrhein-westfälischen Minsterpräsidenten Johannes Rau, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN nominieren Jens Reich. Noch am Vorabend der Wahl benennen die Republikaner mit dem Publizisten Hans Hirzel einen eigenen Kandidaten.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 23.
Mai 1994:
Zum zweiten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik fällt die
Entscheidung erst im dritten Wahlgang. Nachdem Jens Reich vor dem
zweiten und Hildegard Hamm-Brücher vor dem dritten Wahlgang
nicht mehr als Kandidaten zur Verfügung stehen, wird Roman
Herzog im dritten Wahlgang mit der Mehrheit von 696 von 1319
gültigen Stimmen zum Bundespräsidenten gewählt. Auf
Johannes Rau entfallen 605, auf Hans Hirzel 11 Stimmen.
1999: Wahlerfolg der neuen Koalition aus SPD und B'90/ DIE GRÜNEN
Ausgangslage: Bei den Bundestagswahlen 1998 erzielen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN einen ansehnlichen Wahlerfolg und bilden eine Koalitionsregierung. In der Bundesversammlung am 23. Mai 1999 liegt die Zahl der Mitglieder beider Parteien zusammen jedoch knapp unter der im ersten und zweiten Wahlgang erforderlichen Mehrheit. So ist der Wahlausgang also zunächst offen. Die SPD nominiert wiederum den ehemaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau. Die PDS benennt die Theologin Uta Ranke-Heinemann. CDU und CSU stellen die Physikerin Dagmar Schipanski auf.
Ergebnis der Bundesversammlung vom 23.
Mai 1999:
Nachdem im ersten Wahlgang keiner der Vorgeschlagenen die
erforderliche absolute Stimmenmehrheit erzielen konnte, wird
Johannes Rau im zweiten Wahlgang mit 690 von 1.332 abgegebenen
gültigen Stimmen (erforderliche Mehrheit für den 1. und
2. Wahlgang: 670 Stimmen) zum neuen Bundespräsidenten
gewählt. Auf Dagmar Schipanski entfallen 572 und auf Uta
Ranke-Heinemann 62 Stimmen.