Vereinfachungen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, in der Hauptverhandlung und im Rechtsmittelrecht sind das Ziel eines gemeinsamen Antrages der Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Thüringen. Dazu soll der Anwendungsbereich des beschleunigten Strafverfahrens erweitert werden. Das gerichtliche Ordnungswidrigkeitenverfahren soll gestrafft, Regelungen zur gerichtlichen Zuständigkeit für die Strafvollstreckung sollen verbessert werden. Von den Effektivierungsmaßnahmen erhoffe man sich einen Ausgleich für die zahlreichen Mehrbelastungen, die die Justiz insbesondere zur Gewährleistung eines echten Opferschutzes und des Schutzes der Öffentlichkeit vor gefährlichen Straftätern zu bewältigen hat.
Aus Sicht von Thüringens Justizminister Harald Schliemann (CDU) greift der Entwurf Anregungen aus der Praxis ebenso wie Forderungen der Justiministerkonferenz der Länder auf. Man wolle die Verfahren straffen, ohne dabei rechtsstaatliche Garantien in Frage zu stellen. Diese würden eher noch erweitert, betonte Schliemann, und verwies auf die Stärkung des grundgesetzlich vorgesehenen Richtervorbehalts. Unterstützung erfuhr er von Hamburgs Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU). Man komme um Reformen nicht herum, daher sei der vorliegende Entwurf ein erster Schritt und beinhalte "wichtige und richtige" Änderungen. Eine Straffung der Strafverfahren führe keineswegs zu "Hauruckverfahren" und sei auch keine Absage an den liberalen Rechtsstaat, so Lüdemann. Justizsenatorin Karin Schubert (Berlin, SPD) lehnt die Vorlage hingegen ab. "Der Entwurf hält nicht, was er verspricht", kritisierte sie. Sie habe Verständnis dafür, wenn man angesichts knapper Kassen und chronischer Überlastung der Gerichte über eine Straffung von Strafverfahren nachdenke. Allerdings müsse man rechtsstaatliche Vorgaben beachten, was ihrer Ansicht nach nicht ausreichend geschehen sei.
Schubert wandte sich entschieden gegen die vorgesehene Ausweitung des Strafbefehlverfahrens, bei dem eine Strafe ohne Hauptverhandlung ausgesprochen werde. Dies habe sich zwar in der "kleinen" Kriminalität bewährt, sei jedoch für Verbrechen wie Raub, Menschenhandel und Vergewaltigung ungeeignet. Die Hauptverhandlung konfrontiere den Täter zur Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten in ganz besonderem Maße mit dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und auch dem Opfer. Auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) lehnt den Entwurf ab. Viele der vermeintlichen Neuerungen hätten schon öfter auf dem Tisch gelegen und seien abgelehnt worden. Es wäre daher besser gewesen, gemeinsam realistischere Vorschläge zu erarbeiten. "Wenn man etwas reformieren will", so Zypries, "dann sollte man es sinnvoll tun."