Wenn man 15 Jahre gute Politik im Land umsetzen konnte, dann spricht alles dafür, dass man die Erfolge verstärkt fortsetzen kann." Rainer Brüderle, Landesvorsitzender der rheinland-pfälzischen FDP, lässt keinen Zweifel aufkommen: Die Liberalen wollen weiter mit der SPD koalieren, selbst wenn die CDU aus der Landtagswahl am 26. März als stärkste Fraktion hervorgehen sollte. Hierfür jedoch spricht derzeit wenig. Denn die sozial-liberale Landesregierung sitzt nach jüngsten Meinungsumfragen fest im Sattel.
42 Prozent prognostiziert die im Auftrag des Südwestrundfunks durchgeführte repräsentative Umfrage von infratest dimap den Sozialdemokraten, die damit seit Dezember drei Prozent zugelegt haben. Die CDU käme auf 36, die Liberalen auf acht und die Grünen auf sechs Prozent. Die linke Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die bei der Bundestagwahl in Rheinland-Pfalz immerhin auf 5,6 Prozent kam, würde nach derzeitiger Einschätzung der Demoskopen den Einzug in den Landtag nicht schaffen. Den Wettstreit um die Sympathie der Bürger kann mit einem Sympathiewert von 2,3, wenn auch mit geringen Einbußen, Ministerpräsident Kurt Beck für sich entscheiden. Sein CDU-Herausforderer Christoph Böhr landet bei einem Wert von 0,2 und damit noch hinter dem WASG-Spitzenkandidaten Norbert Kepp.
Dass sich wie vor fünf Jahren der SPD-Wahlkampf zu einem guten Teil auf die Person des Ministerpräsidenten stützen wird, erstaunt vor diesem Hintergrund nicht. Seit zwölf Jahren im Amt, hat Beck die SPD längst zur Rheinland-Pfalz-Partei ausgerufen und eine strategische Mehrheit zum Wahlziel erklärt, gegen die keine Regierungsbildung möglich ist. "Unsere Lösungsansätze brauchen keine Kurskorrektur", ist der Regierungschef mit Blick auf die Bilanz der sozial-liberalen Regierungsarbeit überzeugt. So zähle Rheinland-Pfalz zum Exportland Nummer eins unter den Flächenländern. Bei der Arbeitslosenquote liege das Land bundesweit an dritter Stelle. Bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit meldet Beck ebenso eine bundesweite Vorreiterrolle an wie im flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen - zum kommenden Schuljahr sollen es 350 werden - und seinem neuesten Projekt, der frühkindlichen Bildung. "Unser Knüller im Wahlkampf ist zweifellos das Thema Bildung von Anfang an", erklärt der Ministerpräsident.
"Beck ist nicht unschlagbar", verkündet dennoch der Wahlkampfmanager der Christdemokraten, Peter Radunski, der auf den bundesweiten Aufwind für die CDU verweist. 40 Prozent plus "Merkelbonus" seien drin, erklärt Radunski. Der Landesverband, der vor fünf Jahren mit seinem alten und neuen Spitzenkandidaten Böhr an der Spitze eine desaströse Wahlniederlage von 35,3 Prozent hinnehmen musste, ist diesmal geradezu generalstabsmäßig in die Vorbereitung des Urnengangs gegangen. "Das Aufsteigerteam für Rheinland-Pfalz" nennt Böhr selbstbewusst seine Wahlkampfmannschaft, zu der unter anderem der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach und die Staatsministerin für Integration im Bundeskanzleramt, Maria Böhmer, gehören. 4.500 Bürger wurden nach dem Motto "Wir wollen's wissen" nach ihren wichtigsten landespolitischen Anliegen befragt. Heraus kamen wenig überraschend die Themen Arbeitslosigkeit, Schule und Bildung sowie der fehlende wirtschaftliche Aufschwung, die sich nun in einer Art Rundumschlag im CDU-Wahlprogramm wiederfinden.
Im Bereich Bildung haben sich die beiden großen Parteien der frühen Förderung von Kindern verschrieben und sind im Sog der bundesweiten Diskussion um die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten unweigerlich beim Wahlkampfthema Kindergartengebühren gelandet. Die bundesweit angestrebte Beitragsfreiheit für das letzte Kindergartenjahr ist in Rheinland-Pfalz bereits Realität, ebenso eine flächendeckende Sprachförderung im vorschulischen Bereich. Daneben will die Landesregierung - versehen mit einem Rechtsanspruch - die Kindergärten schon für Zweijährige öffnen und mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige schaffen. Die Christdemokraten wollen die Rahmenbedingungen für Familien ebenfalls verbessern und verfolgen ein Modell der "Fördernden Grundschule", bei der Lernformen aus dem Kindergarten auf die Eingangsstufe der Grundschulen übertragen werden sollen. Bis 2007 will Böhr alle Kindergartenjahre beitragsfrei stellen und damit die SPD noch übertreffen, die eine schrittweise Freistellung bis spätestens 2011 plant.
Angesichts solcher Themenüberschneidungen und der Tatsache, dass Böhr keinen Landtagswahlkampf mit Stoßrichtung gegen die Koalition in Berlin führen kann, verwundert es nicht, dass die Demoskopen in Rheinland-Pfalz keine Wechselstimmung verspüren können. Eine Hoffnung jedoch bleibt den Christdemokraten. Sollte die WASG entgegen der derzeitigen Prognosen die Fünfprozenthürde doch überspringen, dürfte die SPD ihre satte Mehrheit verlieren. Da die Liberalen eine Ampel ablehnen und die rheinland-pfälzischen Grünen, die "selbstbewusst, aber nicht abgehoben", in den Wahlkampf ziehen wollen, auch für CDU und SPD als Koalitionspartner nicht in Frage kommen, bliebe in diesem Fall auch in Mainz nur eine große Koalition.