Möglichst geordnet und nach Plan will Bayern seine Zukunft gestalten. Über ein entsprechendes Konzept beraten die einschlägigen Landtagsausschüsse in den nächsten Wochen und Monaten. Zur Debatte steht die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP), wie es Wirtschaftsminister Erwin Huber soeben im Plenum des Landtages eingebracht hat. Das umfangreiche Werk aus Fachplanungen und Entwicklungsvorstellungen für die einzelnen Landesteile und Regionen samt Funktionen und Infrastruktur hat bereits innerhalb der CSU-Fraktion einen mühsamen Reifeprozess durchgemacht. Nun hakt die Opposition bei zahlreichen Punkten ein und will Veränderungen erreichen.
Huber zufolge ist es schon auf der Grundlage der bisherigen Landesentwicklungsprogramme während der vergangenen drei Jahrzehnte gelungen, ein früher starkes Gefälle zwischen Stadt und Land deutlich abzubauen. Besonders wichtig sei die Erschließung des ländlichen Raums mit Schulen, Universitäten, Krankenhäusern und Straßenverbindungen gewesen. Damit habe man eine weitgehende Annäherung an gleichwertige Lebens- und Arbeitsverhältnisse erreicht. Dies wird freilich von SPD und Grünen mit dem Einwand bestritten, die Disparitäten seien sogar stärker geworden.
Um auch Problemzonen mit Abwanderungs- und Überalterungstendenzen in den Griff zu bekommen, führt die Staatsregierung ein so genanntes Vorrangprinzip ein. Es soll laut Huber ländliche Teilräume stärken, "die es besonders schwer haben". Dazu zählen Regionen mit verschärfter Wettbewerbssituation beispielsweise an den Grenzen zu Tschechien. Dem Konzept zu Folge setzt Bayern auf eine Entwicklung, in der die "lebendigen und dynamischen Metropolregionen" München und Nürnberg "Innovationszentren und Impulsgeber mit zentraler Bedeutung für das gesamte Land" (Huber) sind. Das LEP rechnet dabei vor allem mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit dieser beiden Großräume, deren Aktivitäten weit in den ländlichen Raum hinausstrahlen sollen.
Seit Jahren umstritten ist in Bayern der Bau von Einzelhandelsgroßprojekten "auf der grünen Wiese". Huber verteidigte die im LEP-Entwurf vorgesehene flexible Regelung, wonach über "Zielabweichungsverfahren" jeweils Einzelentscheidungen zu treffen sind. In Betracht kommen vor allem grenznahe Gebiete zu Tschechien und Österreich, deren Genehmigungspraxis für solche Einkaufszentren auch in Bayern berücksichtigt werden soll. Eine Rolle spielt dabei nicht zuletzt "die Gewährleistung der räumlichen Wettbewerbsfähigkeit auf bayerischer Seite".
Besondere Bedeutung für die Landesplanung bekommt die von der Staatsregierung forcierte "Clusterstrategie" zur Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Dafür sind 50 Millionen Euro aus Privatisierungserlösen eingeplant. Nach dem Konzept werden in allen Regionen Universitäten, Forschungsstätten und Fachhochschulen mit Unternehmen, Betrieben und Existenzgründern vernetzt. Ziel ist ein ständiger Dialog von Wissenschaft und Wirtschaft für neue Ideen, neue Produkte und neue Dienstleistungen, mit denen Bayern im globalen Wettbewerb die Nase vorn haben will. Insgesamt sollen 19 bayerische Cluster für High-Tech, Produktion und Querschnittstechnologien ausgebaut werden - "überall im Land Leuchttürme für Innovationen", wie Minister Erwin Huber betonte.
Die Clusterstrategie soll nun um ein "Regionalmanagement" auf freiwilliger Basis ergänzt werden, ein regionales Netzwerk von Kommunen, Wirtschaft, wissenschaftlichen Einrichtungen, Kammern und öffentlicher Verwaltung, wie der Minister sagte. Die Landesentwicklung werde dazu noch ein Konzept ausarbeiten. Es gehe darum, Erwerbsmöglichkeiten zu erhalten und neue zu schaffen und der Wirtschaft neue Impulse zu geben, zum Beispiel durch nachwachsende Rohstoffe oder erneuerbare Energien.
Die Opposition sparte nicht mit Kritik, wobei SPD und Grüne der Staatsregierung erst einmal vorwarfen, den Landtag durch späte Vorlage des LEP-Entwurfs, der bis zum Frühsommer beraten sein soll, unter enormen Zeitdruck zu setzen. Als Motiv vermuteten Hildegard Kronawitter, wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, und Christian Magerl von den Grünen, dass es der CSU darum gehe, die EU-Vorschrift einer ab 21. Juli fällig werdenden aufwendigen Umweltprüfung zu umgehen.
Inhaltlich bemängelte die Landtagsabgeordnete Kronawitter insbesondere, dass der LEP-Entwurf die enormen demografischen Verschiebungen innerhalb Bayerns ungenügend berücksichtige. Mit weiteren Bevölkerungsverlusten von minus 12,2, minus 8,2 oder minus 7,4 Prozent bis zum Jahr 2020 müssten beispielsweise die Landkreise Wunsiedel, Hof und Kronach rechnen - mit dramatischen Folgen für den Erhalt der sozialen, schulischen, kulturellen und wirtschaftlichen Infrastruktur.
Auch der Grünen-Abgeordnete Magerl kreidete es Huber an, dass die Begriffe "demografischer Wandel" und "demografische Entwicklung" im Entwurf nicht vorkämen. Damit seien die wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft nicht abgehandelt worden. Die Staatsregierung solle dieses LEP deshalb zurückziehen und es nochmals grundsätzlich überarbeiten. Als mangelhaft stufte der Parlamentarier den Entwurf auch angesichts der weiteren großen Herausforderung Klimawandel und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ein.