Meist umhüllen schwarze Wolken die eisbedeckten Gipfel des bis zu 5.200 Meter hoch aufragenden Ruwenzori-Massivs zwischen Zaire und Westuganda. Im hügeligen und fruchtbaren Land der "Regenmacher", so die deutsche Übersetzung, fällt so häufig Regen, dass manchmal bis zu dreimal pro Jahr geerntet werden kann.
Traditionell setzen die Bauernfamilien in diesem Landesteil auf wohlbekannte Feldfrüchte wie Mais, Maniok und Süsskartoffeln, um den Eigenbedarf zu decken. Baumwolle, Kaffee, Kakao und Vanille hingegen werden vornehmlich für den Export produziert.
Rund 1,6 Millionen Menschen leben in den fünf Provinzen der Region, weit über 80 Prozent sind ausschließlich in der Landwirtschaft tätig. Und das gilt auch für den Rest des rund 28 Millionen Einwohner zählenden Landes im Herzen Afrikas: 13 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung ist im Dienstleistungssektor beschäftigt, in der Industrie sind es nur fünf Prozent.
Umso größeres Gewicht kommt der Landwirtschaft zu: Nach den Vorstellungen der Deutschen Welthungerhilfe (DWHH) sollen die Bauern im Ruwenzori-Gebiet künftig stärker auf exotische Früchte, Sonnenblumen zur Ölgewinnung, Soya, Reis und Honig setzen, denn nach diesen Produkten herrscht auf den regionalen Märkten eine große Nachfrage. Bei diesem Übergang vom vertrauten Subsistenzdasein zu einer marktorientierten, stärker professionalisierten Landwirtschaft erhalten sie Beistand von der einheimischen Nichtregierungsorganisation Kabale Research Centre (KRC), die von der DWHH finanziell unterstützt wird.
Nach einem Jahrzehnt Tätigkeit in der Ruwenzori-Region zieht KRC-Direktor Alex Ruhunda Bilanz. Trotz guter landwirtschaftlicher Bedingungen sei die Anzahl der Familien, die gerade eben den Eigenbedarf decken können, noch immer groß. Das mit rund 3,5 Prozent hohe Bevölkerungswachstum habe den Druck auf die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen und damit die Konfliktgefahr verschärft.
Ungeeignete Methoden, darunter das absichtliche Legen von Bränden oder Überdüngung, haben aus Sicht Ruhundas die Bodenqualität verschlechtert. "Landwirte wissen oft nicht, wie man effizient düngt und die Ernte später richtig verarbeitet. Immer wieder kann man beobachten, dass Bauern Kaffee an den Rändern der asphaltierten Straßen zum Trocknen auslegen und ihn dann wegen seines unangenehmen Beigeschmacks auf den Märkten kaum noch verkaufen können", berichtet er.
Um diese Defizite zu beseitigen, hat seine Organisation Fortbildungsprogramme entworfen. Dabei erlernen die Teilnehmer zum Beispiel, wie man Kaffee fachgerecht verarbeitet und Ananas richtig anbaut und dass sich mit Kompost statt Kunstdünger größere Ernteerträge erzielen lassen. In einigen Fällen konnte KRC nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren Steigerungen um bis zu 20 Prozent verzeichnen.
Ob die vermittelten Lektionen in der Praxis umgesetzt werden, prüfen die Angehörigen landwirtschaftlicher Selbsthilfe-Zusammenschlüsse, die mit dem KRC zusammenarbeiten, im gesamten Einzugsgebiet hin und wieder nach. Ihre Angehörigen besitzen als "Modell-Farmer" ein deutlich höheres professionelles Niveau als die Subsistenzbauern. Sie vermitteln nicht nur technisches Know-how, sondern führen den Landwirten vor, wie man genossenschaftlich organisierte Vermarktungsgruppen gründet und welche Vorteile das gemeinsame Vorgehen bringt.
"Wenn Bauern Überschüsse erzielen, dann versuchen sie meistens, die Produkte individuell zu verkaufen. Davon profitieren jedoch in erster Linie Großeinkäufer, deren Mittelsmänner durch die ganze Region ziehen und den einzelnen Bauern sehr tiefe Kaufpreise diktieren", bekräftigt KRC-Mitarbeiter Kenneth Kyakalele. Werden große Mengen indessen kollektiv vermarktet, lassen sich höhere Erlöse erzielen. "Die Genossenschaft kann sich besser gegen die Willkür der Grossisten behaupten", fügt er hinzu. Zudem gewährleiste der Zusammenschluss eine gleichbleibend hohe Qualität der landwirtschaftlichen Produkte, da sich die Genossenschaftler an verbindlich festgelegte Vorgaben halten müssen. Wie aus dem Kursprogramm hervorgeht, legen die Verantwortlichen zudem großen Wert auf die zivilgesellschaftliche Schulung. Dabei geht es vor allem um den Stellenwert von Lobbying und Menschenrechten sowie um die Gleichstellung von Mann und Frau - Themen also, bei denen in Uganda noch Nachholbedarf herrscht. So sind Frauen, die überwiegend die mühselige Feldarbeit verrichten, gemäß Gewohnheitsrecht von der Erbfolge ausgeschlossen, weil ihr Erbanteil nach der Heirat an die Familie des Ehemannes fallen würde.
Und auch Methoden zur Konfliktbereinigung haben einen hohen Stellenwert: Weil Land knapp wird, kommt es immer wieder zum Nachbarschaftszwist, außerdem hat die Zahl der Zuwanderer, die aus dem bürgerkriegserschütterten Kongo nach Westuganda geflüchtet sind und oftmals als unerwünschte Eindringlinge empfunden werden, stark zugenommen.
Von solchen Spannungen sind die Bewohner des Dorfes Rugendabara bislang verschont geblieben. Dort beschäftigt sich ein Zusammenschluss von Witwen, deren Männer an Aids gestorben sind, neuerdings mit dem Anbau von Ananas und Soja. Agrarexperten des Kabale Research Centre haben ihnen Saatgut gebracht, machen sie mit den Anbaumethoden vertraut und beraten sie, wenn Schwierigkeiten auftreten.
Rund 48 Frauen haben sich in Rugendabara auf dieses Experiment eingelassen, sie sind allerdings noch nicht ganz davon überzeugt, dass ihre Bemühungen von wirtschaftlichem Erfolg gekrönt sein werden. Agrarexpertin Clare Kaijabwanga muss daher Überzeugungsarbeit leisten: Sie hat die Frauen ins Versammlungshaus gebeten, um ihnen erneut die wirtschaftlichen Vorteile der neuen Produkte Ananas und Soja zu verdeutlichen. Sie verweist auf einige Nachbarortschaften, die bereits erfolgreich auf neue landwirtschaftliche Produkte umgestellt haben. Dank steigender Einnahmen konnten sich die Bauersfamilien dort nicht nur Ziegelsteinhäuser mit Blechdächern, sondern auch den Schulbesuch ihrer Kinder leisten.