NEUES ILO-ÜBEREINKOMMEN IST KOMPROMISS (ANTWORT)
Berlin: (hib/KER-as) In das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit sind einige Forderungen der Bundesrepublik Deutschland eingeflossen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung ( 14/1444) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU zum Kampf gegen Kinderarbeit ( 14/1356) hervor. Bestreben der ILO sei es gewesen, so die Regierung weiter, ihre normensetzende Tätigkeit auf Kernstandards zu konzentrieren. Ziel des neuen Übereinkommens sei es vor allem, diejenigen zahlreichen Mitgliedstaaten der ILO, die sich nicht im Stande sehen, das grundlegende ILO-Übereinkommen für Kinderarbeit/Jugendarbeitsschutz aus dem Jahre 1973 zu ratifizieren, zu befähigen, sich international zu verpflichten, gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit "rasch und wirksam" vorzugehen. Laut Bundesregierung ist das neue Übereinkommen von der 87. Internationalen Arbeitskonferenz im Juni 1999 in Genf einstimmig angenommen worden. Die Verhandlungen dazu hätten sich "außerordentlich schwierig" gestaltet. Um ein Scheitern des Übereinkommens zu verhindern und ein befriedigendes Gesamtergebnis zu erreichen, das wichtige Anliegen Deutschlands berücksichtigt, aber auch den primär betroffenen Entwicklungsländern die Zustimmung ermöglichte, hätten auch Kompromisse akzeptiert werden müssen. So sei die Forderung der Bundesrepublik, den zwangsweisen Einsatz von Kindern als Soldaten in bewaffneten Konflikten in die Bestimmungen über die "schlimmsten Formen von Kinderarbeit" einzubeziehen, nur zum Teil aufgenommen worden. In dem Übereinkommen werde nun statt dessen auf die "zwangsweise Rekrutierung von Kindern für den Einsatz in bewaffneten Konflikten" abgestellt.
Zudem habe der Antrag Deutschlands und einer Reihe anderer westlicher marktwirtschaftlicher Industriestaaten mit der Forderung, jene Formen von Kinderarbeit einzubeziehen, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet werden, Kinder von tatsächlich bestehenden Möglichkeiten der Grundbildung ausschließt, "im Interesse des Gesamtkonsenses" zurückgezogen werden müssen.
Der Antwort zufolge ist in dem Übereinkommen jedoch die Verpflichtung erreicht worden, "allen aus den schlimmsten Formen der Kinderarbeit entfernten Kindern den Zugang zur unentgeltlichen Grundbildung und, wann immer möglich und zweckmäßig, zur Berufsbildung zu gewährleisten". Nicht durchsetzen konnte sich die Forderung Deutschlands, die Selbsthilfeorganisationen arbeitender Kinder bei der Nennung von Nichtregierungsorganisationen ausdrücklich zu erwähnen. Die anderen Staaten hätten dieses Anliegen entweder für überflüssig oder unzweckmäßig gehalten. Von einer formellen Einbringung eines solchen Antrags habe die Bundesrepublik daher abgesehen.
Um dem langfristigen Ziel der Abschaffung der Kinderarbeit näher zu kommen, beabsichtigt die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge, die Prüfung der Ratifizierbarkeit des neuen Übereinkommens "so rasch wie möglich" in die Wege zu leiten, um bei postivem Ergebnis anderen Mitgliedstaaten der ILO "ein gutes Beispiel zu geben". Darüber hinaus werde sie die wirksame Umsetzung der Erklärung der ILO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (und damit auch die effektive Abschaffung der Kinderarbeit) fördern. Darüber hinaus fördere die Bundesregierung das seit 1991 laufende Internationale Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC) mit 100 Millionen DM. Die Finanzierung dieses Vorhabens sei bis zum Jahr 2001 gesichert.