Rechtliche und soziale Situation von Prostituierten soll verbessert werden
Berlin: (hib/MAR) Der Familienausschuss hat am Mittwochvormittag dem Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten ( 14/5958) gegen die Stimmen der CDU/CSU bei einer Enthaltung der PDS zugestimmt, nachdem er vorher einige Änderungen beschlossen hatte.
Nach dem Gesetz sollen Prostituierte künftig Anspruch auf das vereinbarte Entgelt haben und das auch einklagen können, wobei eine solche Vereinbarung nicht mehr gegen die guten Sitten verstößt. Darüber hinaus sollen sie Zugang zu den Sozialversicherungssystemen erhalten. Hierzu haben die Koalitionsfraktionen eine Änderung zur Klarstellung vorgeschlagen, der zufolge bei Prostituierten das eingeschränkte Weisungsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegenstehe. Auch soll nach dem Gesetz die Schaffung von Arbeitsplätzen für Prostituierte sowie die reine Vermittlung freiwilligen sexuellen Verkehrs künftig nicht mehr strafrechtlich sanktioniert sein. Klargestellt wurde auf Antrag der Koalitionsfraktionen, dass die Vermittlung strafbar bleibt, sobald ein "Element der Unfreiheit" - etwa durch Wegnahme des Passes - hinzukomme. Ferner stimmte der Ausschuss gegen die Stimmen der Unionsfraktionen einem Entschließungsantrag von SPD und Bündnisgrünen zu, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, über die Auswirkungen der neuen Rechtslage aufgrund dieses Gesetzes nach Ablauf von drei Jahren zu berichten. Mehrheitlich angenommen wurde darüber hinaus ein Entschließungsantrag der FDP, wonach die Regierung im Benehmen mit den Bundesländern im Lichte der Abschaffung der Sittenwidrigkeit der Prostitution prüfen soll, inwieweit die Paragraphen zum Werbeverbot und zur Sperrbezirksverordnung im Ordnungswidrigkeitengesetz noch notwendig sind.
Nach Ansicht der SPD bedeutet der Gesetzentwurf in der Geschichte der Rechtspolitik einen Schritt weiter nach vorn. Auch Bündnis 90/Die Grünen gaben sich überzeugt, damit einen "sehr großen Durchbruch" erreicht zu haben. Es existierten jetzt keine Strafvorschriften mehr, die freiwillige Prostitution unter Strafe stellen. Dagegen kritisierte die CDU/CSU den Gesetzentwurf als "widersprüchlich". Sie wandte sich gegen die Abschaffung der Sittenwidrigkeit und bekräftigte ihre Auffassung, das Angebot des eigenen Körpers sei nicht vereinbar mit ihrem Menschenbild und der Menschenwürde. Ferner sprach sie sich gegen die Streichung der Vorschrift im Strafgesetzbuch aus, mit der die Schaffung von Arbeitsbedingungen für Prostituierte unter Strafe gestellt wird. Ihre diesbezüglichen Änderungsanträge fanden jedoch keine Mehrheit. Von Seiten der FDP wurde betont, es finde eine "Entdiskriminierung" von Prostitution statt, der Gesetzentwurf umfasse aber nur eine ganz kleine Gruppe von Prostituierten. Viele Gruppen wie Selbständige oder Illegale - hier stimme sie der Union zu - blieben außen vor. Nach Meinung der PDS werde mit dem Koalitionsentwurf "nicht mehr als der kleinstmögliche Schritt" getan. Dagegen würde mit dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf zur beruflichen Gleichstellung von Prostituierten ( 14/4456) deren rechtliche Diskriminierung vollständig beseitigt. Der Entwurf fand im Ausschuss keine Mehrheit.