Einsetzung eines Normenkontrollrats stößt auf breite Zustimmung
Berlin: (hib/VOM) Die Einsetzung eines unabhängigen Normenkontrollrats zum Abbau von Bürokratie stößt bei Sachverständigen auf breite Zustimmung. Dies wurde am Montagmittag in einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses deutlich, der sich mit den Gesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen zur Einrichtung dieses Gremiums ( 16/1406) und zum Abbau bürokratischer Hemmnisse vor allem in der mittelständischen Wirtschaft ( 16/1407) sowie mit zwei Anträgen der FDP zum Bürokratieabbau ( 16/472, 16/1167) befasste. Nach niederländischem Vorbild soll der Normenkontrollrat bei Gesetzentwürfen der Bundesregierung mit Hilfe einer standardisierten Kostenmessung herausfinden, in welchem Umfang Informations- und Dokumentationspflichten die Unternehmen belasten. Nach Darstellung der Koalition wurde in den Niederlanden ermittelt, dass staatlich verordnete Informationspflichten 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschlingen. Zugleich hätten sich die Niederländer vorgenommen, diese Kosten in vier Jahren um ein Viertel zu senken. Würde man dieses Ziel auf Deutschland übertragen, käme man auf ein Einsparvolumen von etwa 20 Milliarden Euro.
Die Sachverständigen schätzten dieses Einsparvolumen als realistisch ein. Henning Kreibohm, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Nord West Consult, wies darauf hin, dass Informationskosten schnell und kostengünstig standardisiert gemessen werden können. Kreibohm erwartet von dem Gesetz eine "nennenswerte Entlastung Deutschlands". Auch der Unternehmer Friedrich-Willhelm Hillbrand gab sich optimistisch. Alle würden von diesem Gesetz "massiv profitieren". Die Abgeordneten interessierten sich unter anderem dafür, ob die Zuständigkeit des Normenkontrollrats von Gesetzentwürfen der Bundesregierung auf Gesetzentwürfe der Fraktionen oder gar des Bundesrates ausgedehnt werden sollte. Auch dazu äußerten sich die Sachverständigen zustimmend, schlugen jedoch vor, dem Gremium selbst die Auswahl zu überlassen, um nicht an Kapazitätsgrenzen zu stoßen. Professor Gerhard Klippstein von der Fachhochschule des Mittelstandes in Bielefeld regte an, neben den Kosten auch den Nutzen zu messen und beide einander gegenüberzustellen. Frank Frick von der Bertelsmann-Stiftung sagte, es würde dem Normenkontrollrat den Rücken stärken, wenn er sich auch mit Bundestags- und Bundesratsinitiativen befassen könnte. Dem Bundestag sollte dieser Sachverstand nicht vorenthalten werden. Befürchtungen, dass unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus Rechte von Arbeitnehmern, etwa im Arbeits- oder im Datenschutz, abgebaut werden könnten, äußerte Christel Degen vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Bei der Besetzung des Gremiums sollten ihrer Ansicht nach daher nicht nur Verwaltungsfachleute, sondern auch Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler zum Zuge kommen.
Positiv äußerten sich die Experten auch zum geplanten ersten Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse. Unter anderem ist vorgesehen, die steuerliche Buchführungspflichtgrenze von 350.000 Euro Jahresumsatz auf 500.000 Euro anzuheben, um Existenzgründer zu entlasten. Axel Nitschke vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag schlug vor, diese Grenze weiter auf 750.000 Euro oder gar 1 Million Euro anzuheben und gleichzeitig die Gewinngrenze auf 75.000 Euro nach oben zu korrigieren. Richtig wäre es auch, so Nitschke, die Existenzgründer in den ersten Jahren von Statistikpflichten stärker zu entlasten. Markus Guhl von der Aktionsgemeinschaft wirtschaftlicher Mittelstand klagte über die Bauabzugssteuer, die für viele Betriebe einen großen bürokratischen Aufwand bedeute. Eugen Schlachter vom Wirtschaftsverband "UnternehmensGrün" bezeichnete die Bürokratie- und die Lohnnebenkosten als größte Hemmschuhe für kleine und mittlere Unternehmen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.