Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte braucht mehr Geld(mr) Zusätzliche Finanzmittel und einfachere Verfahren könnten dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dabei helfen, seine Arbeit effizienter zu gestalten. Alle Probleme könnten dadurch allerdings auch nicht beseitigt werden, betonte Professor Luzius Wildhaber, Präsident des Straßburger Gerichtshofes, am 10. November im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Die Bundesrepublik Deutschland, so Wildhaber, habe wesentlich dazu beigetragen, dass es den Europäischen Gerichtshof, der bereits seit Jahren existiere, jetzt auch als vollamtliche Institution gebe. Insgesamt hätten 41 Vertragsstaaten die zugrunde liegende Konvention unterschrieben, so dass der Gerichtshof 41 Richter habe. Fast alle europäischen Staaten, bis auf einige Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Ex-Jugoslawiens, hätten die Konventionen ratifiziert, so dass rund 800 Millionen Menschen potenzielle Beschwerdeträger seien. Dem Gerichtshof gehören laut Wildhaber 65 vollamtliche Juristen und 20 Juristen mit Zeitverträgen an. Die Richter verfügten nicht über persönliche Mitarbeiter, was die Arbeit ebenfalls erschwere. Dem könne abgeholfen werden, indem juristische Volontäre mit Zeitverträgen eingestellt würden. Zusätzliche Richter brauche man aber nicht. Hauptproblem seien die Sprachen. So gebe es 37 offizielle Sprachen, in denen die Beschwerden eingereicht werden können. Problematisch sei in diesem Zusammenhang vor allem, dass es wenige Richter gebe, die Türkisch, Polnisch oder Russisch könnten, der größte Teil der Beschwerden jedoch aus diesen Ländern komme. Mehr Freiheiten wünschenswertInsgesamt könne festgehalten werden, dass sein Gerichtshof eine bessere Finanzausstattung und mehr Freiheiten brauche. Derzeit sei man "in die beamtenrechtliche Rigidität des Europarates eingesperrt". Deregulierung sei nötig und sinnvoll. Eine Änderung sei jedoch problematisch, da diese nur auf der Basis der Konvention erfolgen könne, die von den Mitgliedstaaten ratifiziert werden müsse. Das könne aber Jahre dauern. Wildhaber bilanzierte, es habe bereits 110 Urteile und 3.100 Entscheide gegeben. Derzeit seien insgesamt knapp 12.000 Einzelbeschwerden anhängig. Um die Relation der Finanzen zu verdeutlichen, legte er dar, der Gerichtshof habe 1999 über 155 Millionen Französische Franc verfügt. Im kommenden Jahr werde er zusätzlich 9,1 Millionen Französische Franc erhalten. Der Etat des Europäischen Gerichtshofes sei viermal so hoch. Allein die Zahl der Übersetzer der Luxemburger Institution übersteige die Gesamtzahl der Mitarbeiter des Straßburger Gerichtshofes. Das Jahresbudget des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sei außerdem so groß wie die Kosten eines Tages des Europäischen Parlaments. Auf die Frage aus den Reihen des Ausschusses, wie es mit dem Vollzug der Urteile bestellt sei, erklärte Wildhaber, sein Gericht erlasse Feststellungsurteile und spreche Schadensersatz, Genugtuung und Gerichts- sowie Anwaltskosten zu. Die Staaten hätten dann "erhebliches Ermessen" bei der Umsetzung. Diese könne erfolgen in Form von Amnestie, Gesetzesänderungen, Schadensersatz usw. Bisher hätten alle Staaten die Urteile umgesetzt. Nicht immer sofort, aber immer im Laufe der Zeit. Manchmal könne dies Jahre dauern. Die Urteile werden "nicht immer mit Applaus vollstreckt, aber sie werden vollstreckt", so der Präsident. Im Übrigen wäre es zweifelhaft, Einzelstaaten zu erlauben, sich nicht an die Urteile zu halten, da ansonsten das Gesamtsystem in Frage gestellt sei, ergänzte Wildhaber gegenüber den Ausschussmitgliedern. Gesamteuropäisches Recht weiterentwickelnMit Blick auf die Wirkung des Gerichtshofes legte Wildhaber dar, die Medien hätten die Neigung, sich auf einzelne Urteile zu einzelnen Staaten "zu stürzen". Dies sei aber falsch. Der Gerichtshof habe das Interesse daran, gesamteuropäisches Recht weiterzuentwickeln. Eine der wesentlichen Aufgaben des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sei der Kontakt mit anderen Kontinenten. Der Europäische Gerichtshof habe so viel an Erfahrungen sammeln können, dass diese unbedingt an andere Kontinente weitergegeben werden müssten. |