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Interparlamentarische Union tagte in Berlin
Thierse würdigt Einsatz für verfolgte Abgeordnete
Eintausendsechshundert Delegierte, darunter 722 Parlamentarier aus 131 Ländern, haben an der 102. Konferenz der Interparlamentarischen Union (IPU) vom 10. bis zum 16. Oktober 1999 in Berlin teilgenommen. Der IPU ist es in der deutschen Hauptstadt erneut gelungen, ihre wichtige Rolle in der internationalen Zusammenarbeit zu unterstreichen und das von ihren Gründervätern William Randal Cremer und Frédéric Passy hinterlassene Vermächtnis mit Leben zu erfüllen, das friedliche Zusammenleben zwischen den Völkern zu fördern, dem Frieden zu dienen und die Völker zu versöhnen.
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Mary Robinson, UN-Hochkommissarin für die Menschenrechte. |
Der zum Tagungspräsidenten gewählte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) erklärte vor den Teilnehmern, er sei dankbar, dass der Bundestag Gastgeber einer solchen Veranstaltung sein könne, und zwar im zehnten Jahr nach dem Fall der Mauer, neun Jahre nach der Einheit Deutschlands und in dem Jahr, in dem Berlin wieder Sitz von Parlament und Regierung geworden ist.
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Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bekräftigte, mit der Aufnahme der Arbeit von Parlament und Regierung in Berlin habe es zwar eine historische Zäsur in Deutschland gegeben, dies bedeute aber keineswegs eine andere Republik. Die Bundesrepublik habe ihre Tradition einer Politik der Toleranz, der Offenheit und der guten Nachbarschaft mit "im Gepäck" von Bonn nach Berlin genommen. Der Kanzler ermutigte die anwesenden Parlamentarier aus aller Welt zudem, ihre Stimme zu erheben, wenn Volksgruppen gegeneinander aufgehetzt und Minderheiten unterdrückt und verfolgt würden. Dies verlange eine Haltung der Mahnung und des Widerstandes. Schröder wie Thierse würdigten den Einsatz der IPU für Kollegen in allen Teilen der Welt, die wegen ihrer politischen Haltung unterdrückt oder inhaftiert sind.
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722 Parlamentarier aus 131 Ländern trafen sich in Berlin. |
Zwei aktuelle Krisen beschäftigten die Teilnehmer besonders: die Unruhen in Ost-Timor und der Staatsstreich in Pakistan. Zu den Ereignissen in Islamabad erklärte Thierse im Namen der in Berlin versammelten Teilnehmer, "in unserer heutigen Zeit ist ein militärischer Staatsstreich völlig unannehmbar". Die Parlamentsmitglieder aus aller Welt forderten deshalb die Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung und die "volle Achtung" des parlamentarischen Prozesses in Pakistan. Die zivile Regierung dort sei "unverzüglich" wieder einzusetzen, die Menschenrechte der Parlamentsmitglieder zu achten. Thierse sprach in diesem Kontext dem anwesenden Präsidenten der pakistanischen Nationalversammlung, Bukhs I. Soomro, die Solidarität aller Anwesenden aus.
Zu den Ereignissen in Ost-Timor und Indonesien erklärte die Leiterin der deutschen Delegation, Rita Süssmuth (CDU/CSU): "Man kann nicht die Menschenrechte proklamieren und dann selbst nicht dafür eintreten." Insofern fordere gerade der Konflikt in Südostasien die Solidarität der Staatengemeinschaft ein. Die hervorgehobene Bedeutung der Menschenrechte kam auch in den Redebeiträgen der Hochkommissarin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte, Mary Robinson, und des Präsidenten des Internationalen Roten Kreuzes, Cornelio Sommaruga, zum Ausdruck.