Verwechslung ausgeschlossen
Die Garderobiere ist schnell und eine Vertrauensperson dazu. Sie
hat Sinn für Ordnung und kennt die Schwächen mancher
Gäste. Die quetschen gern in der Hektik ihren Hut in den
Mantelärmel, um sich später darüber zu ärgern,
dass er nun die Fasson verloren hat. Sie suchen in ihren Taschen
flink nach Schnupftüchern, Brillenetui und dem gerade
gekauften Reiseführer, bevor es auf die Besuchertribüne
geht. Sie vergessen hin und wieder, ihre Garderobenmarke in Empfang
zu nehmen oder lassen sie in eine Jackentasche verschwinden, die
über einen zweiten Ausgang verfügt. Immer muss eine die
Ruhe bewahren. Die Garderobiere.
Sie hat vielleicht die Schnelligkeit erfunden. Fünfzig
Jacken und Mäntel in nur wenigen Minuten, dazu Taschen,
Schals, Capes, Schirme, Rucksäcke, Plastikbeutel, Handschuhe,
Mützen, Hüte, die Einkäufe der Flaneure und das
Gepäck für eine Nacht in fremden Betten.
Alles sortiert die Garderobiere in Windeseile an die Haken, auf
die Ablagen, in die Regale. Verwechslung ausgeschlossen. Und den
Hut zieht die Garderobiere manchmal vorsichtig wieder aus dem
Mantelärmel, auf dass er die Fasson behält. Allein
dafür gebührt ihr ein kleiner Dank.
Eine halbe Stunde später läuft die Geschichte in
umgekehrter Reihenfolge ab. Sachen werden vom Haken genommen und
aus den Regalen geholt. Für jede nummerierte Metallmarke gibt
es eine Gegenleistung. Alles findet sich. Sicherheitshalber tastet
die Garderobiere noch einmal die Hutablage ab. Die ist leer, wie es
sich gehört. Und als hätte jemand gesagt: Die Vorstellung
ist aus.
Text: Kathrin Gerlof/Fotos: studio kohlmeier