Der Europäischen Kommission Handlungsfähigkeit bescheinigt(eu) Die Europäische Kommission ist nach den Worten von Staatsminister Günter Verheugen (SPD) "handlungsfähig, wenn auch politisch angeschlagen" aus dem Konflikt mit dem Europäischen Parlament über Unregelmäßigkeiten in ihrem Finanzgebaren hervorgegangen. Dies betonte Verheugen in einer von der F.D.P. beantragten Aktuellen Stunde am 20. Januar im Bundestag. Dem Staatsminister zufolge hat die Bundesregierung vor und während der Krise in ihrer Rolle und Verantwortung als Ratspräsidentschaft gesagt, sie sei an einer stabilen und handlungsfähigen Kommission interessiert. Sie habe aber nicht versucht, das Europaparlament in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen oder das Abstimmungsverhalten der deutschen EU-Parlamentarier zu beeinflussen. Zu den Vorwürfen gegen die Kommission merkte Verheugen an, die Bundesregierung halte einen guten Teil dieser Kritik für berechtigt und habe deshalb der Kommission geraten, die Fragen und Forderungen des Parlaments ernst zu nehmen und auf das Parlament zuzugehen. Klarzustellen sei, daß keinem Mitglied der Kommission etwa persönlich Korrumpierbarkeit, Betrugsabsichten oder Bereicherungsversuche angelastet würden. Es gehe im wesentlichen um administrative Versäumnisse, die innerhalb Europas unterschiedlich bewertet würden. Für die SPD betonte Ingrid Matthäus-Maier, angesichts in Deutschland üblicher und überparteilich angelegter Standards bei Ministerrücktritten wäre es durchaus angebracht gewesen, wenn der eine oder andere Kommissar persönliche Konsequenzen gezogen hätte. Dies hätte Kommission und Parlament viele Probleme erspart. Die Vorgänge in Straßburg hätten insofern keine positive Wirkung gehabt. Auf der anderen Seite, so Matthäus-Maier, hätte es für wichtige Reformvorhaben aber ein "Riesenproblem" bedeutet, wenn es keine Kommission mehr gäbe. Insofern sei es positiv zu bewerten, daß Bundeskanzler Schröder konkrete Vorschläge gemacht habe, um dies zu verhindern. Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) bekannte in der Aktuellen Stunde, angesichts des verständlichen Wunsches der Bundesregierung, eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft mit einem sehr anspruchsvollen Aufgabenprofil zu absolvieren, sei für diese "Mammutaufgabe" eine starke Kommission notwendig. Aus Sicht einer Parlamentarierin sei andererseits gar nicht zu übersehen, welche Defizite es innerhalb der Europäischen Union gebe. Auf Grundlage der ermittelten Fakten müsse es deshalb zu "ganz drastischen Konsequenzen" kommen, wolle die Kommission - und damit die ganze EU - nicht, daß ihr ein Geruch von Vettern- und Günstlingswirtschaft, ja sogar von Korruption anhafte. Im Gegensatz zur Koalition vertrat Peter Hintze (CDU/CSU) die Überzeugung, Bundeskanzler Schröder habe sich in der Auseinandersetzung gegen das Europäische Parlament gestellt. Die moralische Qualität der Argumentation, die deutsche EU-Präsidentschaft brauche eine handlungsfähige Kommission, sei "ausgesprochen schlecht", so der Unionspolitiker. Zwar sei jede EU-Präsidentschaft daran interessiert, in dem halben Jahr, das ihr zur Verfügung stehe, auf eine handlungsfähige Kommission zu treffen. Von einem deutschen Bundeskanzler könne aber erwartet werden, daß dieser sich gerade im Jahr der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hinter die Steuerzahler stelle. Diese seien daran interessiert, daß mit ihrem Geld ordentlich umgegangen werde. Den zur Untersuchung der Vorwürfe gegen die Kommission jetzt eingerichteten "Ausschuß der Weisen" lehnte Hintze ab. Dieser bringe das Parlament um seine ureigensten Kontrollrechte. Es sei blamabel, daß sich die deutsche Regierung auch noch rühme, an diesem Beschwichtigungsakt wesentlich mitgewirkt zu haben, so der Abgeordnete. "Kein guter Tag für Europa" befand Helmut Haussmann (F.D.P.) mit Blick auf die Abstimmung am 14. Januar. Dies sei eine "Selbstentmannung bzw. eine Selbstentfrauung des Europäischen Parlaments" gewesen. Zunächst habe man ein Mißtrauensvotum angekündigt, wie es die Bürger erwartet hätten, weil mit Steuergeldern unredlich umgegangen worden sei. Nachher habe man dann eine Untersuchungskommission gegründet und sich schließlich auch noch beklagt, "als Tiger abgesprungen und als Bettvorleger gelandet" zu sein, so der Liberale. Für Manfred Müller (PDS) glich das, was Straßburg und Brüssel geboten haben, einer "surrealistischen Vorstellung in einem virtuellen Theater mit viel Staffage und wenig Substanz". Die Abstimmung über das Mißtrauensvotum hätte zu einer Sternstunde der europäischen Demokratie werden können. Statt dessen hätten die Bürger eine Lehrvorführung über europäische Hinterzimmerdiplomatie, politische Winkelzüge und schäbiges Taktieren erhalten. |