Rede von Dr. Jürgen Meyer im Europäischen Konvent am 12. Juli 2002
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach intensiven Gesprächen mit Europa-, Außen- und Verteidigungspolitikern des deutschen Bundestages möchte ich Ihnen fünf Empfehlungen unterbreiten.
Erstens: Wir sind für eine Verstärkung der demokratischen Legitimierung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durch eine verstetigte, intensivere Kommunikation zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten. Dies könnte geschehen durch regelmäßige Konsultationen des auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments mit den Außen- und Verteidigungsausschüssen der nationalen Parlamente. Die Begründung ist einfach: Die Entscheidung über die Entsendung von Truppen ist nach wie vor nur unter maßgeblicher Beteiligung der nationalen Ebene möglich, wie ich gestern zur deutschen Verfassungslage deutlich zu machen versucht habe. Aber wir sind gegen ein neues Gremium etwa in Form einer Versammlung für europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik der nationalen Parlamente. Also, wir sind gegen eine Nachfolgeorganisation des WEU-Parlamentes.
Zweitens: Wir empfehlen die Verstärkung der Rüstungszusammenarbeit. Das kann geschehen durch eine europäische Poolbildung anstelle der Schaffung nationaler Kapazitäten oder Überkapazitäten. Damit könnte unter dem Strich auch mancher Verteidigungshaushalt der Mitgliedstaaten entlastet werden.
Drittens: Wir sind für eine stärkere Kooperation und - wo sinnvoll - auch Integration der militärischen Strukturen. Dazu gehört beispielsweise die Schaffung gemeinsamer Fähigkeiten, etwa durch den Aufbau einer EU-Lufttransportflotte oder auch von militärischen Einheiten mit Spezialfähigkeiten.
Viertens: Wir sind für eine Anschubfinanzierung der EU für Projekte der Luftfahrt- und Satellitentechnik aus dem europäischen Haushalt. Es geht also nicht mehr um die Auflegung weiterer Sonderfonds für einzelne Missionen, sondern soweit wie möglich um die Finanzierung aus dem Gemeinschaftshaushalt und damit auch Kontrolle durch das Europäische Parlament.
Fünftens: Wir befürworten vor allem die Stärkung der zivilen Komponente von Konfliktprävention und Krisenmanagement, zum Beispiel durch Polizeimissionen. Konfliktverhütung - vor allem auch zivile Konfliktverhütung - ist nach unserer Auffassung unverzichtbar. Militärische Einsätze sind immer nur das letzte Mittel, wenn zivile Konfliktprävention versagt hat.