Social Entrepreneurs sind Menschen, die soziale Probleme in großem Maßstab lösen. Von solchen Menschen und ihren einfallsreichen Unternehmungen berichtet dieses Buch. Finanziell und organisatorisch unterstützt werden manche dieser Sozialunternehmer von der weltweit aktiven Organisation Ashoka. Der Namensgeber dieser Initiative, der antike Herrscher Aschoka (269 bis 232 v. Chr.), einte in seiner Regierungszeit den indischen Subkontinent und bekannte sich nach seinen Eroberungskriegen zu Gewaltlosigkeit, Großzügigkeit und Humanität.
Die Organisation wurde 1980 von Bill Drayton, einem ehemaligen Mitarbeiter von McKinsey, gegründet. Sie fördert in über 50 Ländern etwa 1.500 nach strengen Kriterien ausgewählte Social Entrepreneuers, also Menschen, die nicht einfach eine soziale Einrichtung wie einen Kindergarten, eine besondere Schule oder ein Krankenhaus für sozial Benachteiligte gegründet, sondern bei ihrem sozialen Engagement das gesamte Bildungs- oder Gesundheitssystem im Blick haben. Das Non-Profit Unternehmen Ashoka hat mittlerweile eine Reihe von Nachahmern gefunden.
Bornstein berichtet von den zahlreichen Initiativen Bill Draytons. Drayton hat unter anderem das Modell des CO2-Emissionshandels entwickelt, das Eingang in das Kioto-Protokoll fand. Ein origineller Ansatz: Während viele Umweltschützer es kategorisch ablehnen, politische und ökologische Zielsetzungen mit Hilfe des Marktes zu verwirklichen, bedient sich der Emissionshandel gerade der Logik des Marktes: Wer CO2-Emissionen verringert, spart Kosten!
Der Autor erzählt von den Bemühungen zahlreicher Social Entrepreneurs in verschiedenen Kontinenten, etwa von Florence Nightingale, die schon vor 150 Jahren hartnäckig und unbeirrt gegen viele Widerstände das englische Sanitätswesen revolutionierte. Berichtet wird von der Elektrifizierung des ländlichen Raums in Brasilien durch den Agraringenieur Fábio Rosa, der bedrohte Kleinbauern mit erschwinglichem Strom versorgen wollte. Bornstein erzählt von einem Projekt für betreutes Wohnen für Behinderte in Ungarn, von bezahlbaren Kleinkrediten an Kleinunternehmer, der Beratung von Schülern, die vor einem teuren Studium zurückschrecken, von der Pflege von AIDS-Patienten in Südafrika, von Gesundheitsreformen in Brasilien, Kinderschutzaktivitäten in Indien und vielem mehr.
Was kennzeichnet einen Sozialunternehmer und welche werden von Ashoka gefördert? Sozialunternehmer handeln auf "großen Märkten" mit geringen Ressourcen; ihr Handeln zielt nicht nur auf die unmittelbare Linderung einer materiellen oder sozialen Not, sondern will alternative Lösungsstrategien entwickeln, an denen die Betroffenen selbst aktiv mitwirken. Diese Lösungsmodelle können als Modell, als Korrektiv für ein neues Regierungshandeln wirken.
Welche Qualifikationen neben einem unbezähmbaren Willen, einer hohen Motivation kennzeichnen einen Sozialunternehmer, unter welchen Bedingungen fördert Ashoka solche Menschen? Ashoka unterstützt nicht Projekte, sondern investiert in eine Person, die über beachtliche Qualifikationen verfügen muss. Sie muss von ihrer sozialreformerischen Idee wirklich "besessen" und dabei kreativ wie selbstkritisch sein, über unternehmerische Befähigungen verfügen und moralisch integer handeln. Wichtig sind aktives Zuhören, Aufmerksamkeit für das Außergewöhnliche, pragmatische Lösungsansätze und der Einbezug der Betroffenen. Vom Sozialunternehmer wird die Bereitschaft zur Selbstkorrektur erwartet, die Bereitschaft, eingefahrene Gleise zu verlassen, Fachgrenzen zu überschreiten und auch "in aller Stille zu arbeiten".
Initiativen wie Ashoka haben in den letzten Jahrzehnten einen enormen Aufschwung erlebt. Die soziale wie politische Bedeutung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wächst weltweit. In diesem zivilgesellschaftlichen Kontext, der in den USA traditionell eine enorme Rolle spielt, ist auch das Wirken von Ashoka zu sehen.
Ashoka startete im vergangenen Dezember auch in Deutschland. Im Berliner Abgeordnetenhaus wurde der Sozialunternehmer Andreas Heinecke ausgezeichnet, der Ausstellungen unter dem Titel "Dialog im Dunkeln" ins Leben gerufen hatte, bei denen Blinde und Behinderte Sehende in eine totale Dunkelheit eintauchen, sie durch die Ausstellung führen und ihnen dabei eine neue Art des Sehens vermitteln. Diese Initiative beschäftigt 4.000 blinde Menschen, die mittlerweile über 4 Millionen Besucher geführt haben.
Das flüssig geschriebene Werk informiert nicht nur über zahlreiche konkrete zivilgesellschaftliche Ansätze, die Welt zu verändern, sondern ermuntert auch zu eigenen Projekten.
David Bornstein: Die Welt verändern. Social Entrepreneurs und die Kraft neuer Ideen. Aus dem Amerikanischen von Hainer Kober. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2006; 410 S., 24,50 Euro
Hartmann Wunderer arbeitet als freier Journalist in Wiesbaden; vorwiegend zu zeitgeschichtlichen und sozialpolitischen Themen.