Sein Name ist untrennbar mit der Ostpolitik Willy Brandts verbunden: Egon Bahr. Am vergangenen Sonntag hat er seinen 85. Geburtstag gefeiert. Bis heute mischt sich der SPD-Politiker, der dem Bundestag von 1972 bis 1990 angehörte, in die aktuelle Politik ein. Erst vor wenigen Wochen rief er dazu auf, auf das umstrittene Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin zu verzichten und es stattdessen im polnischen Breslau zu errichten.
Geboren wurde Bahr am 18. März 1922 im thüringischen Treffurt als Kind eines Lehrers. Zum ersehnten Musikstudium kam es nicht, weil er wegen einer jüdischen Großmutter während des Nationalsozialismus keine Erlaubnis dazu erhielt. Nach einer Lehre bei Rheinmetall-Borsig schrieb er von 1945 an als Reporter für die "Berliner Zeitung". 1953 mündete seine journalistische Karriere im Amt des Chefredakteurs beim Berliner Sender RIAS. 1959 wurde er Presseattaché in Ghana.
Seit 1960 arbeitete Bahr für Brandt - zunächst als Leiter des Berliner Presseamtes, dann im Dezember 1966 als Sonderbotschafter. Bahr prägte den Begriff "Wandel durch Annäherung" und leitete - zunächst heftig umstritten - die Entspannungspolitik im deutsch-deutschen Verhältnis ein. Im Spätherbst 1969 folgte Bahr Brandt ins Kanzleramt, wo er als Staatssekretär und ab November 1972 als Bundesminister für besondere Aufgaben weiter für's Innerdeutsche zuständig blieb. Sein Verhandlungsgeschick brachte ihm den Spitznamen "Tricky Egon" ein. Die Ostverträge 1972 gelten als sein größter Erfolg.
Von 1972 bis 1974 war Bahr Bundesentwicklungsminister, von 1976 bis 1981 Bundesgeschäftsführer der SPD. 1984 bis 1994 fungierte er schließlich als Direktor des Hamburger Instituts für Friedens- und Sicherheitspolitik.