VERBRAUCHERINFORMATION
Experten sehen noch Defizite
Den letzten Anstoß gab wohl der Gammelfleischskandal. Umetikettiertes verdorbenes Fleisch, und das gleich tonnenweise. Nicht der erste Lebensmittelskandal in Deutschland, aber einer, der die Verbraucher nachhaltig verunsichert und das Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel erschüttert hat. So jedenfalls bewerten es die Koalitionsfraktionen, die nun die Verbraucherinformation verbessern wollen. Dazu haben sie den Entwurf eines neuen Verbraucherinformationsgesetzes ( 16/5404 ) vorgelegt. Er soll für Kunden mehr Transparenz schaffen und auf Täter abschreckend wirken. Die Mehrheit der Experten in einer öffentlichen Anhörung im Verbraucherschutzausschuss war am 13. Juni jedoch skeptisch, ob dieses Ziel erreicht werden kann.
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz, begrüßte das Anliegen, die Rechte auf Verbraucherinformation zu erweitern. Die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen reichten dazu allerdings nicht aus. Schaar sprach sich für eine Erweiterung des Gesetzes über Lebens- und Futtermittel hinaus auf sonstige Produkte und Dienstleistungen aus. Außerdem kritisierte er die seiner Ansicht nach zu weit gefassten Schutzrechte der Unternehmen, die mit Hinweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Informationen verweigern könnten. Auch der Einzelsachverständige Professor Hansjürgen Garstka kritisierte, dass Unternehmen per Selbstdefinition festlegen dürften, was ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sei. Dies sei "völlig unangemessen". Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) sieht hingegen in dem Gesetz einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse der Verbraucher und dem Schutzinteresse der Industrie gewährleistet. So seien insbesondere die Regelungen zu den verfassungsmäßig geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu begrüßen. Aus Sicht des Bundesrates, so der Vertreter des Verbraucherschutzministeriums Nordrhein- Westfalen, sei mit dem Gesetz ein erster Schritt zu mehr Transparenz gelungen. Nötig sei nun eine Evaluation des Gesetzes, um in einigen Jahren das Verbraucherinformationsrecht weiterentwickeln zu können.
Das Verbraucherinformationsgesetz trage seinen Namen zu Unrecht, kritisierte CorA, ein Netzwerk für Unternehmensverantwortung. Solange es Unternehmen möglich sei, mit dem Verweis auf Geschäftsgeheimnisse Informationen zu verweigern, sei ein verantwortliches Verbraucherverhalten nicht möglich. Gefordert wurde außerdem, den Geltungsbereich des Gesetzes auszuweiten. Dem stimmte die Stiftung Warentest zu. Es sei nicht einzusehen, dass das Gesetz für technische Geräte sowie für Finanzdienstleistungen nicht gelten solle.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte eine Definition des Begriffs "Betriebs- und Geschäftsgeheimnis". Außerdem müsse es möglich sein "Ross und Reiter" zu benennen, etwa durch vergleichende Übersichten zur Pestizidbelastung von Obst und Gemüse, wie es in den USA schon lange üblich sei.