Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
VITORINO: ZWISCHEN ASYL- UND FLÜCHTLINGSRECHT UNTERSCHEIDEN
Berlin: (hib/BOB-mr) Der Europäische Kommissar Antonio Vitorino hat sich am Donnerstagmorgen vor dem Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe dafür ausgesprochen, eine in der Grundrechtecharta der EU beabsichtigte Bestimmung zur Vertreibung und zum Asylrecht in zwei verschiedene Artikel aufzuteilen.
Dies stelle sicher, dass klar zwischen asylbezogenen Themen und den Konsequenzen eines ungesetzlichen Aufenthalts von Drittstaatsangehörigen in der EU unterschieden werden könne.
Soweit es um Asyl-Problematik gehe, sei die Genfer Konvention vom Juli 1951, die Verfassungstraditionen der EU-Mitgliedstaaten und die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zu berücksichtigen.
Die Kommission schlage deshalb vor, den Artikel zum Asyl in der Grundrechtecharta in Überstimmung mit den europäischen Verträgen, insbesondere mit dem Protokoll über Asyl für Unionsbürger zu formulieren, so Vitorino.
Der Kommissar zeigte sich im Übrigen ein wenig enttäuscht darüber, dass es beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs im vergangenen Herbst im finnischen Tampere nicht gelungen sei, sich auf ein einheitliches Asylsystem in der EU zu einigen.
Stattdessen habe man sich auf eine gemeinsame Asylpolitik verständigt. Dennoch sei die volle Geltung der Genfer Konvention in diesem Zusammenhang zu begrüßen.
Auf Nachfrage der SPD im Ausschuss betonte der Kommissar, im Rahmen der Harmonisierung des Asylrechts müssten natürlich auch die veränderten politischen Rahmenbedingungen seit der Verabschiedung der Konvention vor fast 50 Jahren beachtet werden.
Dies erfordere neue Rechtsinstrumente wie beispielsweise das des vorübergehenden Schutzes von Flüchtlingen wie in Folge des Bosnienkrieges und der Kosovokrise.
Klar sei, so Vitorino weiter, dass es keinen individuell einklagbaren Asylanspruch auf europäischer Ebene geben werde.
Dies sei Sache der Mitgliedstaaten. Bündnis 90/Die Grünen machten darauf aufmerksam, die Frage, wie im Zuge einer Harmonisierung des Asylrechts in der EU die Genfer Konvention auszulegen sei, könnte unter Umständen auch eine Änderung deutscher Verfassungsbestimmungen (Artikel 16a Grundgesetz) erforderlich machen.
Die CDU/CSU erklärte, es sei unabdingbar, bei den weiteren Beratungen zur Grundrechtecharta in der EU darauf zu dringen, das Verbot der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen Behandlung an prominenter Stelle zu verankern.
Gegenteilige Absichten, die auf der Prämisse basierten, die EU habe keine Kompetenz in diesen Fragen, seien zurückzuweisen. Zu verweisen sei auf die bereits in Maastricht getroffenen Beschlüsse zur Strafrechtsharmonisierung in der EU. Vitorino bekräftigte seinerseits, um der außenpolitischen Glaubwürdigkeit der EU willen sei es erforderlich, auf ein Verbot der Todesstrafe in der Grundrechtecharta hinzuarbeiten. Mit Blick auf die unter anderem von der CDU/CSU, der F.D.P. und der PDS angesprochene kontroverse Diskussion über die Aufnahme sozialer Grundrechte in die Charta erklärte Vitorino, es gelte in dieser Hinsicht der Subsidiaritätsgrundsatz. In der Charta würden keine neuen Kompetenzen der EU geschaffen.