Wortlaut der Reden
Dr. Joseph-Theodor Blank, CDU/CSU | Gunter Huonker, SPD >> |
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte über den Sitz von Regierung und Parlament der Bundesrepublik Deutschland setzt den Schlußpunkt einer in den vergangenen Wochen und Monaten in der Öffentlichkeit und natürlich auch unter uns ausführlich und -- wie sollte es anders sein? -- kontrovers geführten Diskussion. Die Argumente für und gegen die unterschiedlichen Lösungsvorschläge sind ausgetauscht und, wie ich denke, auch ausdiskutiert worden. Eine Verschiebung der Entscheidung, wie sie noch bis in die letzten Stunden im Gespräch war, hätte keine neuen Argumente gebracht. Deshalb ist es gut, daß wir heute mit einem Beschluß den aus meiner Sicht in den letzten Tagen immer quälender gewordenen Prozeß eines Hin-und-Her-Schiebens unserer obersten Verfassungsorgane ein Ende machen. Das deutsche Volk, die Städte Bonn und Berlin und deren Menschen haben einen Anspruch auf eine klare Entscheidung: Trennung von Regierung und Parlament ja oder nein, Berlin oder Bonn? Darum geht es heute. Ich habe meine Entscheidung getroffen und möchte sie begründen. Ich nehme zunächst Stellung zu der Frage einer Trennung von Regierung und Parlament. Unsere Verfassung enthält zwar kein ausdrückliches Verbot einer Trennung von Regierung und Parlament. Man könnte, wie dies heute in der Debatte vorgetragen worden ist, in einer solchen Trennung nur ein kommunikations- und verkehrstechnisches Problem sehen. Ich kann mich dieser Auffassung nicht anschließen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Für mich gehört die räumliche Identität von Regierung und Parlament zu einer der elementaren Selbstverständlichkeiten einer demokratischen Verfassung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Der Vorschlag, Regierung und Parlament räumlich zu trennen, gefährdet nach meiner tiefen Überzeugung die parlamentarische Demokratie und widerspricht dem Geist und der Struktur unserer Verfassung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Deswegen werde ich diesem Vorschlag nicht zustimmen. Nach reiflicher Überlegung und Abwägung aller Argumente habe ich mich schließlich entschieden, meine Stimme heute für Bonn als Sitz von Regierung und Parlament abzugeben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich will dies kurz begründen: Bonn steht für mich für die erste gelungene Demokratie der Deutschen in ihrer Geschichte, für den gelungenen Anfang der Deutschen nach 1945. Bonn steht für mich für die Einbindung Deutschlands in die Wertegemeinschaft der westlichen Demokratien, in die Europäische Gemeinschaft und in das westliche Sicherheitsbündnis. Bonn steht für eine klare deutsche Friedenspolitik und für die Berechenbarkeit der Deutschen im Verhältnis zu ihren Nachbarn. Bonn steht damit für das, was die Welt und unsere europäischen Nachbarn heute mit dem neuen Deutschland an Positivem verbinden. -- Nicht nur das; Bonn steht für den förderalistischen Charakter der Bundesrepublik Deutschland. Meine Damen und Herren, Berlin wird im Konzert der deutschen Städte eine herausragende Stimme haben. Es sollte aber nicht als Regierungs- und Parlamentssitz die alles übertönende Stimme werden. Wir brauchen die Hauptstadt eines Bundesstaates, nicht jedoch ein Zentrum, das Macht und Menschen ballt. Berlin ist und wird noch mehr eine pulsierende Metropole. In zehn Jahren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wird Berlin so viele Einwohner wie Hamburg, München und Köln zusammen haben. (Jochen Feilcke [CDU/CSU]: Es könnte sein, daß wir das schon einmal gehört haben!) Meine Damen und Herren, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, hatte recht, als er 1987 sagte: Hauptstadt meint nicht ausschließlich Verwaltungs- und Regierungssitz, sondern Hauptstadt meint geistig-kulturelles Zentrum. Der damalige und jetzige Regierende Bürgermeister von Berlin sprach damit aus, was ich für eine pragmatische, vernünftige Lösung im Streit um den Sitz von Parlament und Regierung halte; denn wir haben in Bonn einen funktionierenden Regierungs- und Parlamentssitz und mit Berlin eine Metropole, die an Attraktivität unabhängig von der heutigen Entscheidung weiter zunehmen wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, mag auch das Herz vieler für Berlin schlagen, Kopf und Verstand sprechen meiner Meinung nach klar für Bonn. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE) Vizepräsident Dieter-Julius Cronenberg: Das Wort hat der Abgeordnete Huonker. |