Die aktuelle Aufregung um einen möglichen EU-Beitritt der Türkei ist groß. Schon 1963 hat die EU der Türkei eine Beitrittsperspektive eröffnet. Ende 2004 wird über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entschieden, nicht über den Beitritt der Türkei. Erfüllt Ankara die „Kopenhagener Kriterien“, nennt die EU ihr einen Termin für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen.
Die Verhandlungen bis zum Beitritt können dann bis zu 15 Jahren dauern. Europa muss ein starkes Interesse an der Einbindung der Türkei haben. Ein säkularer Staat Türkei mit positiver demokratischer Entwicklung kann eine Brücke zwischen Orient und Okzident schlagen und Modellcharakter für die Demokratisierung der islamischen Welt gewinnen.
Die Türkei ist ein unersetzlicher sicherheitspolitischer Partner Europas. Das NATO-Mitglied grenzt an die Krisenregion des Nahen Ostens und erfüllt eine wichtige Stabilisierungsfunktion. Wirtschaftlich ist die Türkei schon heute ein wichtiger Partner, besonders für Deutschland. Innenpolitisch hat die Beziehung zur Türkei große Bedeutung für Deutschland wegen der Integration der hier lebenden Türken.
Seit 1999 hat die Türkei umfangreiche Gesetzesreformen verabschiedet. Es gibt aber noch Umsetzungsdefizite. Die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei ist geradezu stürmisch. Eine Türkei, die in 15 Jahren beitritt, wird ein anderes Land sein. Das wirtschaftliche Gefälle und der Migrationsdruck werden erheblich abnehmen – zumal auch die Geburtenrate rückläufig ist. Eine Zurückweisung der Türkei würde unzweifelhaft die reaktionären und fundamentalistischen Kräfte stärken und das Land destabilisieren.
Foto: Deutscher Bundestag