Der Bürger bestimmt die Tagesordnung Er ist der „Seismograph des Parlamentes“. Der Petitionsausschuss garantiert jedem das Grundrecht, sich mit Bitten oder Beschwerden direkt an die Volksvertretung zu wenden. Mitunter vollzieht damit auch die Politik eine Wendung, denn die Ausschussmitglieder versuchen, nicht nur dazu beizutragen, dass Fehler korrigiert werden, sondern sie sprechen je nach Einzelfall auch Handlungsempfehlungen für Regierung und Gesetzgebung aus.
Anders als die anderen ständigen Ausschüsse des Bundestages kann sich dieses Gremium kaum selbst ein verbindliches Arbeitsprogramm geben. Die Tagesordnung bestimmt der Bürger. Was diesem besonders unter den Nägeln brennt, beschäftigt entsprechend häufig auch den Petitionsausschuss. Deshalb schlagen sich die Auswirkungen der Schwerpunktreformen von gestern, heute und morgen in Form von konkreten Hinweisen, wo es im Einzelnen bei der Umsetzung „klemmt“, in den Posteingangskörben des Ausschusses nieder. Häufig geht es daher in dieser Wahlperiode um die Arbeitsmarktgesetze, die Entwicklung der Rente, vor allem mit Blick auf das Mindestrentenalter, oder auch um die verschiedenen Aspekte der neuen Gesundheitsreform. Im Schnitt gehen täglich 75 Petitionen ein.
Dafür hat der Ausschuss nun auch den Weg über das Internet geöffnet. Diese moderne Ergänzung des Petitionswesens wird nach einer ersten Übersicht gut angenommen. Etwa jede Zehnte der Neueingaben geht mit dem unter www.bundestag.de/petitionen bereitgestellten Webformular ein. Daneben wird auch eine wachsende Anzahl von öffentlichen Petitionen im Internet vorgestellt. Innerhalb des ersten Jahres konnten bereits mehr als 300 öffentliche Petitionen ins Netz gestellt werden.
Wenn der Petent im Einzelfall damit einverstanden ist, kann sein Anliegen in der Internetpräsenz des Petitionsausschusses so dargestellt werden, dass es jedem Besucher möglich ist, seine eigenen Erfahrungen mit dem jeweiligen Thema als Kommentar hinzuzufügen, seine Meinung in ein Forum einzustellen, sich der Petition anzuschließen oder mit einer virtuellen „Postkarte“ nach weiteren Mitstreitern zu suchen.
Auf diese Weise kann über die vielen Petenten hinaus eine größere Öffentlichkeit unmittelbar dazu beitragen, Schwachstellen behördlicher Maßnahmen und Gesetzeslücken aufzudecken. Leichter als je zuvor lässt sich somit auf komfortable Weise die politische Willensbildung überregional vernetzt organisieren. Der Ausschuss muss über seine Mitarbeiter jedoch sicherstellen, dass auch in diesen Diskussionsforen Regeln eingehalten werden, dass etwa sachlich und nicht beleidigend diskutiert wird. Möglicherweise wird der Ausschuss nach dem Abschluss einer ersten Versuchsphase noch einmal überlegen, wie die Vorgaben für das elektronische Petitionswesen verbessert werden können. Schon jetzt gibt es aber ein lebhaftes Interesse von anderen Petitionseinrichtungen aus dem In- und Ausland.
Jeder Petent bekommt am Ende Nachricht, was aus seiner Eingabe geworden ist. Regelmäßig beschließt der Bundestag aufgrund von umfänglichen Beschlussempfehlungen mit einer ganzen Reihe von Anliegen über die weitere Behandlung. Oft genug als Anregung für Gesetzesänderungen. Damit der Ausschuss schon bei der Vorbereitung dieser Beschlüsse wirksam arbeiten kann, ist er mit einer Reihe von Kompetenzen ausgestattet. Er kann nicht nur Stellungnahmen der betroffenen Behörden anfordern, sondern auch Akten einsehen, die Stellen selbst aufsuchen, die Spitzenvertreter vor den Ausschuss laden. Und so kommt es immer auch schon einmal zu kurzfristiger Abhilfe, wenn die Behörde durch die Einschaltung des Petitionsausschusses intensiv angeregt wurde, die eigene Entscheidung noch einmal zu überprüfen.
Aktualisiert am 30. August 2007« Vorheriger Artikel Nächster Artikel »
E-Mail:
kersten.naumann@bundestag.de
Der Ausschuss hat 25 Mitglieder, CDU/CSU:
9,SPD:
9, FDP: 3, Die
Linke.: 2, Bündnis 90/Die Grünen: 2.
„Für mich ist der
Petitionsausschuss ein sehr wichtiges Instrument der Demokratie. Er
ist das Bindeglied zwischen Bürgern und Bundestag. Die Politik
tritt an mit der Devise, sich daran zu orientieren, wie Menschen
leben wollen; durch den Petitionsausschuss hat der Bundestag die
Möglichkeit zu erfahren, wie die Gesetze, die er
beschließt, im Alltag der Menschen
wirken.“
Kersten Naumann (Die Linke.)