Um zu einem funktionierenden Strommarkt zu kommen, hat die Regierung eine Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die Kraftwerks-Netzanschluss-Verordnung vorgelegt. Wie beurteilen Sie dies?
Ich begrüße dies als einen Doppelschlag für mehr Wettbewerb und faire Energiepreise. Die Unionsfraktion wird dafür sorgen, dass die GWB-Novelle rasch im Bundestag beschlossen wird. In Deutschland beherrschen derzeit vier Anbieter fast 90 Prozent der Stromerzeugung. Die Maßnahmen stärken den Wettbewerb auf der Angebotsseite. Gemeinsam mit der anstehenden Anreizregulierung wird so ein schlüssiges und schlagkräftiges Wettbewerbspaket geschnürt.
Reicht die Regelung aus, um einen Missbrauch der Marktmacht und überhöhte Preise zu verhindern?
Die Missbrauchskontrolle des Bundeskartellamtes war bislang ein stumpfes Schwert. Das soll sich nun ändern. Das Bundeskartellamt wird künftig in der Lage sein, im Einzelfall effizienter gegen überhöhte Preise und gegen schädliches Verhalten marktbeherrschender Unternehmen vorzugehen.
Ist damit die von Brüssel geforderte Entflechtung von Stromerzeugung und Netzbetrieb vom Tisch?
Die eigentumsrechtliche Entflechtung weckt falsche Hoffnung und wird die Liberalisierung im Energiemarkt eher verzögern als beschleunigen. Ich bin überzeugt, dass es besser ist, den bisher eingeschlagenen Weg in Deutschland fortzuführen. Dank der Union wurde die Energierechtsnovelle im Jahr 2005 ein wichtiger Impuls für den Wettbewerb. Die Energienetze als natürliche Monopole unterstehen jetzt einer effektiven Regulierung durch die Bundesnetzagentur. Mit der Anreizregulierung und der Kraftwerks-Netzanschluss-Verordnung folgen weitere wichtige strukturelle Veränderungen. Bis diese greifen, sorgt die GWB-Novelle dafür, dass kein Marktmissbrauch betrieben wird.
Der Verband der Elektrizitätswirtschaft hält die Novelle für zu restriktiv. Nehmen Sie das ernst?
Bei der Novelle handelt es sich um eine bis 2012 befris-tete Verschärfung der bestehenden Missbrauchsaufsicht. Eine Rückkehr zur staatlichen Preiskontrolle findet damit nicht statt. Eine Überprüfung erfolgt im Einzelfall und nur, wenn Marktbeherrschung nachgewiesen wird. Wenn der Wettbewerb funktioniert und die Preise dementsprechend gebildet werden, haben die Versorger nichts zu befürchten.
Kritisiert wird auch, dass Investitionen behindert würden. Stimmt das?
Das Gegenteil ist der Fall. Auf der einen Seite erleichtert die Anschlussverordnung neuen Kraftwerken, insbesondere neuen Anbietern, den Netzzugang. Auf der anderen Seite geht das Kartellrecht nur gegen Preise vor, die nicht im Wettbewerb gebildet werden. Niemand wird ernsthaft behaupten, erst durch hohe Monopolpreise würden Kraftwerksinvestitionen rentabel.
Die Fragen stellte
Hans-Christoph Neidlein