UN-KLIMAKONFERENZ
Die Erwartungen an Bali sind hoch. Aber ein Erfolg ist noch in weiter Ferne.
Klimaschützer aus aller Welt, ob von offizieller Seite oder von einer der zahlreichen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), haben eine neue Grußfloskel: "Wir sehen uns in Bali", hört man jetzt immer häufiger auf einer der vielen Veranstaltungen zum Thema Klimaschutz. Vom 3. bis 14. Dezember werden dort auf der zwölften UN-Klimakonferenz 189 Vertragsstaaten versuchen, dem Kampf gegen den Klimawandel neuen Schwung zu geben. "Derzeit haben sich 5.000 Teilnehmer für die UN-Konferenz in Bali angemeldet, aber wir erwarten bis an die 10.000 Teilnehmer", sagt John Hay, Sprecher des UN-Klimasekretariats in Bonn. Neben den offiziellen Delegationen werden vor allem Vertreter von Interessenverbänden, Medien und Unternehmen sowie Wissenschaftler auf der Insel erwartet.
Von deutscher Seite wird eine mehr als 30-köpfige Delegation unter Leitung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zu den Verhandlungen reisen. Aus dem Bundestags-Umweltausschuss, der sich seit Jahren mit der Klimathematik befasst, begleiten sechs Abgeordnete den Minister.
Zu ihnen gehört auch Andreas Jung (CDU). Er hat die Verhandlungen der Klimakonferenz im vergangenen Jahr in Nairobi miterlebt und hofft, dass es in Bali "einen neuen Geist" geben wird. In der Öffentlichkeit habe sich gerade im letzten Jahr ein anderes Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes entwickelt, und auch in den USA sei jetzt "der Handlungsdruck von unten" weitaus größer, sagt der Rechtsanwalt aus Konstanz. Von früheren Konferenzen weiß er, dass es wichtig ist, "dass der Prozess auch aus dem Parlament angeschoben wird". Auch in Bali soll es daher wieder ein Treffen von Parlamentariern der "GLOBE Konferenz" geben. Auf ihr hatten sich im Juni 2007 in Berlin über 100 Parlamentarier aus aller Welt für einen verstärkten Klimaschutz ausgesprochen. Jungs Ausschusskollegin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) hat als ehemalige Umweltministerin in Nordrhein-Westfalen Klimaverhandlungen vor allem aus Regierungsperspektive kennengelernt. Für sie ist Bali aber gerade auch als Parlamentarierin wichtig, denn "ich werde am Rande der Bali-Konferenz wichtige Kontakte knüpfen, ich erfahre die neusten Erkenntnisse und höre, was andere Länder gegen den Klimawandel tun. Dies sei vor allem wichtig, um, so Höhn, "den Klimaschutz in Deutschland weiterzubringen und Verbündete zu finden - auch auf internationaler Ebene".
National herrscht über die Notwendigkeit der Emissionsminderungen zwischen den Fraktionen zwar weitgehend Einigkeit. Der Weg, wie CO2 und andere Treibhausgase weiter eingedämmt werden können, ist jedoch weiter umstritten. Bündnis 90/Die Grünen hatten in der vergangenen Woche zu den Verhandlungen in Bali einen Antrag eingebracht ( 16/6960 ). In der Debatte warf Bärbel Höhn der Regierung vor, anders zu reden als zu handeln. "Die Uhr tickt - Merkel bremst", sagte die Umweltpolitikerin und forderte neben einem Stopp für den Neubau von Kohlekraftwerken auch ein Tempolimit auf Autobahnen. "Wir tun schon heute mehr für den Klimaschutz als es Rot-Grün je gemacht hat", konterte Andreas Jung und wies unter anderem auf das Gebäudesanierungsprogramm hin, das die Regierung mehr als verdreifacht habe. Mit Blick auf das geplante Kioto-Folgeabkommen verwies er darauf, dass es wichtig sei, dass dieses unter dem Dach der UN geschlossen werden müsse. Dabei sei es auch wichtig, "Amerikaner und Chinesen in dieses Programm zu holen". "Wir wollen, dass alle Staaten bei diesem Klimaschutzabkommen dabei sind", sagte Jung. Die Parlamentarische Staatssekretärin Astrid Klug (SPD) brachte es auf eine knappe Formel: "Bali wird die Nagelprobe", sagte sie und fügte hinzu: "Die Aussagen der Wissenschaftler sind eindeutig. Alle Berichte liegen vor. Alle Reden sind gehalten. Jetzt ist die Zeit zum Handeln gekommen." Auch sie verwies darauf, dass es für den Verhandlungsverlauf entscheidend sei, neben den USA auch die Schwellenländer zu Verhandlungen zu bewegen. Nach Ansicht von Michael Kauch (FDP) ist es in Bali vor allem wichtig, global zu erreichen, "die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf zwei Grad zu beschränken". Er warb dafür, die technologiepolitische Seite des Klimaschutzes zu stärken: "Wir werden die Chinesen und die Inder nur ins Boot holen können, wenn sie mit einem wirksamen Technologietransfer rechnen können", sagte Kauch, dessen Fraktion vergangene Woche dazu einen Antrag ( 16/7006 ) eingebracht hatte, der aber nicht debattiert worden war. Für Die Linke forderte Eva Bulling-Schröter, die EU müsse eine Vorreiterrolle übernehmen, um bis 2009 ein Post-Kioto-Abkommen zu erreichen. "In Bali muss im Hinblick auf die Zeit nach 2012 dringend etwas passieren", forderte sie.
Im Bundesumweltministerium weiß man, dass nach der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und dem G8-Gipfel viele Hoffnungen nicht nur auf Bali, sondern auch auf Deutschland gesetzt werden. "Ich fürchte, dass viele Menschen von Bali mehr erwarten als bestenfalls erreicht werden kann", sagte Ministeriumssprecher Michael Schroeren gegenüber dem "Parlament". Denn "in Bali wird kein neues Klimaschutzprotokoll ausgehandelt. Sondern es geht darum, ob wir damit anfangen, darüber zu verhandeln statt nur zu reden, damit wir bis 2009 ein Ergebnis haben". Ein scheinbar kleines Ergebnis - mit großer Wirkung.