VATERSCHAFTSTESTS
Regierungsentwurf löst unterschiedliches Echo bei Abgeordneten aus
Weil ich mich ungerecht behandelt fühle", antwortete Frank S. Mitte Februar in einem Interview mit "Spiegel online" auf die Frage, warum er die Vaterschaft gerichtlich angefochten habe. Er zahle vollen Unterhalt, obwohl - wie sich bei einem Gen-Test herausstellte - es gar nicht seine Tochter sei. Dabei habe er bei der Geburt des Kindes keine Zweifel gehabt. Als ein Arzt Jahre später gesagt habe, die Wahrscheinlichkeit, dass er zeugungsfähig sei, liege bei unter zehn Prozent, sei er misstrauisch geworden. Seine Frau, von der er damals schon getrennt lebte, habe alles "abgeblockt" - aber sie verlangte weiter den vollen Unterhalt für das Kind. Da habe er - um endlich Gewissheit zu haben - mit einem Kaugummi seiner Tochter einen Gen-Test vornehmen lassen.
Vor Gericht scheiterte er. Die Richter erklärten, der heimliche Vaterschaftstest sei als Beweis nicht zulässig, weil er gegen das Persönlichkeitsrecht seiner Tochter verstoße. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesverfassungsgericht, das ebenso entschied. Pech für Frank S.? Mitnichten! Das Verfassungsgericht stellte gleichzeitig fest, nötig sei, "ein geeignetes Verfahren allein zur Feststellung der Vaterschaft bereitzustellen", wie es im Urteil heißt. Die Richter waren der Auffassung, der zweifelnde Vater habe gegenwärtig überhaupt keine mit dem Recht vereinbare Möglichkeit, wenn Kind oder Mutter ihr Einverständnis verweigern.
Der Bundesregierung gaben die Verfassungsrichter deshalb den Auftrag, bis Ende März nächsten Jahres Abhilfe zu schaffen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) handelte schnell. Schon Ende März präsentierte sie einen Gesetzentwurf. Danach sollen legale Vaterschaftstests erleichtert werden. Fällt der Test negativ aus, solle dies nicht länger zur Konsequenz haben, dass der Mann seine Vaterschaft verliert, wenn er dies gar nicht will. Ein Recht auf Anfechtung der Vaterschaft sei ihm nach wie vor eingeräumt.
Vor allem der Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/6561 ) wurde am 12. Dezember in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses von Sachverständigen diskutiert. Die Abgeordneten zogen unterschiedliche Fazite. So meinte Jürgen Gehb (CDU) gegenüber "Das Parlament", die Anhörung habe bestätigt, dass mit dem neuen zweigeteilten Verfahren die Rechte und Möglichkeiten des Vaters gestärkt würden. Damit sei eine langjährige Forderung der Union aufgegriffen worden. Gleichwohl seien im Klärungsverfahren die Hürden noch zu hoch. Es zeige sich auch, dass heimliche - besser anonyme - Vaterschaftstests weiterhin attraktiv blieben, weil sie den Familienfrieden am wenigsten gefährden. Dagegen drohten alle vorschnell eingeleiteten "amtlichen" Verfahren den Familienfrieden selbst dann irreparabel zu gefährden, wenn dort die biologische Vaterschaft des Klägers bestätigt würde.
Und Helga Lopez (SPD) fand, von den Sachverständigen sei bemängelt worden, dass für die Zulassung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens der begründete Anfangsverdacht vorliegen müsse, für das Klärungsverfahren mit Vaterschaftstest hingegen nicht. Dies sei auch aus familienpolitischer Sicht diskussions- und gegebenenfalls änderungsbedürftig. Gleiches gelte für die Fristen, die für beide Verfahren gesetzt oder nicht gesetzt werden sollen. Grundlage jeder Entscheidung müsse das Kindeswohl sein, fand Lopez und bilanzierte: "Es bleibt noch einiges zu tun bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzentwurfes."
Die Anhörung habe viele überarbeitungsbedürftige Punkte des Gesetzentwurfs hervorgebracht, sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Insbesondere die Ausgestaltung der Analyse der genetischen Proben sei einer massiven Kritik ausgesetzt gewesen. Aber auch die fehlende Klärungsmöglichkeit des "nur" biologischen Vaters sei von den meisten Sachverständigen aufgegriffen worden. Es sei im Übrigen fast einhellige Meinung bei der Anhörung gewesen, dass die Legalisierung eines heimlichen Verfahrens nicht möglich sei. Insgesamt bestehe noch intensiver Beratungsbedarf, so die Abgeordnete. Das Ziel des Kindeswohls müsse stärkeren Niederschlag im Gesetz finden. Dies war die Meinung von Jörn Wunderlich (Die Linke). Ein erheblicher Änderungsbedarf bestehe bei der vorgesehenen Verknüpfung zwischen einerseits voraussetzungsloser Klärung der Vaterschaft und der andererseits möglichen anschließenden Vaterschaftsanfechtung, die derzeit an Fristen gebunden ist und einen Anfangsverdacht erfordert. Dies schade dem Kindeswohl. Fast einhellig sei bemängelt worden, dass die fehlende gesetzliche Festlegung von Qualitätsstandards für die Erstellung der Abstammungsgutachten nicht zu verantworten ist.
Man unterstütze das Ziel einer erleichterten Klärung der Vaterschaft, so Irmingard Schewe-Gerigk (Grüne). Die Anfechtungsmöglichkeiten bei negativem Testergebnis gingen aber zu weit. Der Regierungsentwurf schwäche die soziale Vaterschaft und verhindere Rechtssicherheit für das Kind: Es sei nicht nachvollziehbar, wenn der Vater noch nach Jahrzehnten die rechtliche Bindung zu dem Kind auslöschen könne, auch wenn er im Wissen, nicht der biologische Vater zu sein, die Vaterschaft ausdrücklich anerkannt habe. Die Anhörung habe zudem die Grünen in der Position bestätigt, dass Forderungen nach einer Legalisierung heimlicher Tests nicht in Frage kommen.
Behörden sollen künftig das Recht bekommen, Gerichte anzurufen, wenn sie den Verdacht haben, dass ein deutscher Mann lediglich formal die Vaterschaft für ein Kind übernommen hat, um die Mutter vor der Ausweisung zu bewahren. Dies hat das Parlament am 13. Dezember beschlossen. Ein Gesetzentwurf der Regierung ( 16/7506 , 16/3291 ) fand damit Zustimmung. Bernard Bode z