Der Zeuge Guido Steinberg nickt, um seine Zustimmung zu einem Urteil Wolfgang Wielands (Grüne) zu signalisieren: "Man sitzt mit dem Teufel am Tisch und löffelt mit ihm die Suppe aus". Steinberg, zwischen 2002 und 2005 Terrorismus-Referent im Kanzleramt, hat im Untersuchungsausschuss diesen Befund über die deutsch-syrische Zusammenarbeit bei der Terror-Bekämpfung etwas nüchterner erläutert. Angesichts der "ganz schlimmen Diktatur" in Syrien sei man sich in der Regierungszentrale der Problematik einer solchen Kooperation durchaus bewusst gewesen. Er selbst habe sich gegen dieses Vorgehen ausgesprochen. Doch es habe die Meinung überwogen, die sich bietenden Chancen zu nutzen. Den Startschuss für die Zusammenarbeit gab am 10. Juli 2002 ein Treffen im Kanzleramt, an dem auch Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau und Assif Schaukat teilnahmen, Vizechef des syrischen Militärgeheimdienstes.
Der Ausschuss prüft derzeit, ob deutsche Stellen für das Schicksal Mohammed Haydar Zammars mitverantwortlich sind und ob dabei auch die Kooperation mit Damaskus eine Rolle spielt. Der Deutsch-Syrer, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen vermuteteter Verwicklung in die Attentate vom 11. September hierzulande mangels ausreichenden Verdachts nicht in einen Haftbefehl mündete, wurde im Dezember 2001 unter US-Regie in Marokko rechtswidrig festgenommen und sitzt seither in syrischer Haft. Laut Steinberg habe man davon ausgehen können, dass Zammar in dem "berüchtigten Gefängnis" auch gefoltert werde. Gleichwohl wurde Zammar im November 2002 von deutschen Vernehmern in Damaskus verhört, wesentliche Erkenntnisse hätten sich jedoch nicht ergeben, so der Zeuge.
Offenbar gab es ein Geben und Nehmen zwischen Berlin und Damaskus. Im Juli 2002 wurde auf Anweisung des Justizministeriums ein Verfahren gegen zwei der Spionage angeklagte Syrer eingestellt - obwohl es sich laut Bundesanwalt Bruno Jost um einen "schweren Fall" von Agententätigkeit gehandelt habe. Damaskus sei vor allem an der Freilassung der Spione interessiert gewesen, so Steinberg. Der Fall Zammar habe bei der Übereinkunft mit den Syrern nur eine Nebenrolle gespielt.
Die Opposition hegt den Verdacht, die deutsche Seite habe die rechtswidrige Inhaftierung Zammars in Kauf genommen, um an syrische Erkenntnisse über den Terrorismus heranzukommen. SPD-Obmann Michael Hartmann betont, wegen der terroristischen Bedrohung habe man sich "notgedrungen" zur Kooperation mit Staaten wie Syrien entschieden.