Mindestlöhne sind populär, weil die meisten Bürger der Meinung sind, dass ein Arbeitnehmer mit 35 oder 40 Wochenstunden auch so viel verdienen sollte, dass es zum Leben reicht. In der CDU/CSU-Fraktion ist aber das Unbehagen über den Post-Mindestlohn weit verbreitet, auch bei denen, die für die Aufnahme der Briefdienste ins Entsendegesetz gestimmt haben. Denn es herrscht Angst, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze kosten. Diese Befürchtung wird auf den ersten Blick bestätigt durch die Ankündigung der Post-Konkurrenten, Mitarbeiter zu entlassen und Firmen zu schließen.
Tatsächlich war die Politik in einer Zwickmühle. Beim Mindestlohn im Baugewerbe oder für Gebäudereiniger ging es darum, deutsche Firmen gegen Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland zu schützen. Bei den Briefdiensten stand die Post AG gegen heimische Konkurrenten, für deren Geschäftsmodell offenbar Löhne von unter acht Euro, teilweise noch weit geringer, entscheidend waren.
Der Konkurrenzkampf trieb seltsame Blüten: Die Post drohte mit einer eigenen kostenlosen Zeitung, der Konkurrent PIN bezahlte offenbar Arbeitnehmer für eine Demonstration gegen höhere Löhne. Mit Arbeitsplatzabbau drohten beide Seiten. Die Politik musste also entscheiden. Der Vorgang spricht dafür, künftig nur Mindestlöhne zu vereinbaren, wo deren Höhe nicht von Einzelinteressen bestimmter Firmen bestimmt wird. Am einfachsten wäre ein allgemeiner Mindestlohn, aber hier kann die Union nicht mehr über ihren Schatten springen.