Zeugenvernehmungen
Die Mitglieder des 1. Untersuchungsausschusses befragten am
Donnerstag, dem 15. November 2007, drei weitere Zeugen zum Fall
Murat Kurnaz. Geladen war unter anderem Rabab Bahanoui, die zweite
Ehefrau des unter Terrorverdacht geratenen und im Februar dieses
Jahres in Damaskus zu zwölf Jahren Haft verurteilten
Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar.
Zeuge: Im Fall Zammar wurden in Marokko Informationen offenbar blockiert
Bei der deutschen Botschaft in Rabat hatte man im Dezember 2001
den Eindruck, dass das marokkanische Innenministerium und die
US-Botschaft Informationen zu den ungeklärten Umständen
einer eventuellen Festnahme des Deutsch-Syrers Mohammed
Haydar Zammar in dem Land zurückhielten. Man habe nur
die amtliche Mitteilung bekommen, von diesen Vorgängen nichts
zu wissen, erklärte am Donnerstag, dem 15. November 2007, vor
dem Untersuchungsausschuss Gregor Forschbach. Eine
Bestätigung der Verhaftung des der Unterstützung
terroristischer Aktivitäten im Vorfeld der Attentate vom 11.
September 2001 verdächtigten Zammar habe man in Marokko nie
erhalten, so der seinerzeitige Leiter der Rechts- und
Konsularabteilung der deutschen diplomatischen Vertretung. Da trotz
aller Bemühungen keine Hinweise auf den Verbleib Zammars zu
recherchieren gewesen seien, habe die Botschaft gegenüber der
marokkanischen Regierung und der US-Vertretung nicht näher
nachhaken können. Der Zeuge betonte, die Botschaft habe in
diesem Fall alle konsularischen Möglichkeiten genutzt, die
aber Anfang 2002 ausgeschöpft gewesen seien.
Ausschuss prüft Mitverantwortung deutscher Behörden
Der Ausschuss prüft, ob deutsche Behörden und die
Bundesregierung eine Mitverantwortung für die Festnahme
Zammars in Marokko trifft, der auf Initiative der US-Geheimdienste
Ende Dezember 2001 nach Syrien gebracht wurde, wo er seither in
einem im Ruf der Folter stehenden Gefängnis einsitzt und im
Februar 2007 zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. In
Deutschland hatten die Verdachtsmomente gegen den Deutsch-Syrer
nicht für einen Haftbefehl ausgereicht. Auf eine entsprechende
Frage des CSU-Abgeordneten Stephan Mayer bestritt
Forschbach die These, dass die deutsche Botschaft
in Marokko Teil einer eventuellen gemeinsamen Operation von US- und
deutschen Nachrichtendiensten im Fall Zammar gewesen sein
könnte.
Aussage nur in nichtöffentlicher Sitzung
Ihm sei auch nicht bekannt, so der Zeuge auf eine Frage
Hans-Christian Ströbeles (Grüne), ob
höchste deutsche Stellen über die Festnahme Zammars mehr
gewusst hätten als die Botschaft vor Ort. Zu der ansonsten bei
der Verhaftung von Deutschen unüblichen Kontaktierung der
US-Vertretung in diesem Fall sagte Forschbach, dies habe
nahegelegen, da dessen Festnahme aufgrund der ersten Informationen
möglicherweise im Zusammenhang mit den Anschlägen von New
York hätte stehen können. Nur in nichtöffentlicher
Sitzung wollte der Ausschuss den Zeugen zu einem in Medienberichten
wörtlich wiedergegebenen E-Mail-Verkehr zwischen deutschen
Regierungsstellen vernehmen: Nach einem dieser Zitate hat sich
für die Konsularabteilung der Botschaft in Rabat die Frage
gestellt, ob man sich im Fall der damals noch unbestätigten
Verhaftung Zammars nicht aus "übergeordneten Gründen" auf
die bisherigen Nachforschungen beschränken solle.
Zeugin Rabab Bahanoui
Die am Donnerstag ebenfalls als Zeugin geladene Ehefrau Zammars, die sich samt ihrem Gesicht vollständig in Schwarz verhüllt hatte, lehnte unter Hinweis auf ihr Aussageverweigerungsrecht nähere Angaben ab: Das gegen ihren Mann im Oktober 2001 in Deutschland eingeleitete Ermittlungsverfahren ist noch nicht eingestellt, so dass sie Zammar möglicherweise hätte belasten können. Nach dem kurzen Auftritt der Zeugin warf SPD-Obmann Thomas Oppermann der Opposition vor, mit solchen "emotionalen Inszenierungen" die Sachaufklärung im Ausschuss zu behindern.
Auftrag des 1. Untersuchungsausschusses
Die Bundesregierung hatte am 20. Februar 2006 dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Deutschen Bundestages einen Bericht "zu Vorgängen im Zusammenhang mit dem Irakkrieg und der Bekämpfung des internationalen Terrorismus" vorgelegt. Zur Klärung von offenen Fragen, Bewertungen und gebotenen Konsequenzen wurde am 7. April 2006 der 1. Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes (GG) eingesetzt. Der Untersuchungsausschuss soll im Zusammenhang mit den Vorgängen aus dem Bericht klären, welche politischen Vorgaben für das Handeln von Bundesnachrichtendienst (BND), Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Militärischem Abschirmdienst (MAD), Generalbundesanwalt (GBA) und Bundeskriminalamt (BKA) gemacht wurden. Ferner soll der Ausschuss untersuchen, wie die politische Leitung und Aufsicht ausgestaltet und gewährleistet wurde.
Zeugenvernehmungen von:
- Frau Rabab Bahanoui (Zammar)
- Herr H., Bundesnachrichtendienst
- Herr Dr. Gregor Forschbach, Auswärtiges Amt
Zeit: Donnerstag, 15. November 2007, 9.30
Uhr
Ort: Europasaal, Paul-Löbe-Haus, Saal
4.900
Anmeldung erforderlich!
Auf der Tribüne des Europasaales steht nur eine begrenzte Zahl von Plätzen zur Verfügung. Um eine schriftliche Anmeldung im Pressereferat des Bundestages (Fax 030 227 36192) wird gebeten. Wir bitten um Verständnis, dass bei Platzmangel pro Redaktion nur ein Platz besetzt werden kann. Der Ausschuss entscheidet jeweils vor der Vernehmung über die Möglichkeit von Auftaktbildern. Fotografen und Kamerateams werden ebenfalls um Anmeldung gebeten (Fax 030 227 36192). Bitte melden Sie auch den Bedarf an Aufsageplätzen an.
Für Tonmitschnitte von Stellungnahmen der Abgeordneten im Foyer steht eine Splitbox zur Verfügung.
Bitte beachten Sie, dass für die gesamte Sitzung das Untersuchungsausschuss-Gesetz gilt, das heißt dass elektronische Aufnahmen während der Sitzung verboten sind.