Kaum Bedenken gegen Wegfall von Altersbeschränkungen
Berlin: (hib/MPI) Der Zugang zu Ausbildungen in allen Gesundheitsfachberufen wird künftig möglicherweise nicht mehr an ein bestimmtes Alter geknüpft sein. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit sprachen sich die Sachverständigen am Mittwoch überwiegend für einen Gesetzentwurf des Bundesrates ( 16/1031) aus, die in einigen Berufen bestehenden gesetzlichen Altersvorgaben für die Ausbildung zu kippen. Die persönliche Eignung hänge nicht zwingend mit dem Lebensalter der Bewerber zusammen, betonte etwa die Vizepräsidentin des Bundesverbandes Deutscher Privatschulen (VDP), Barb Neumann. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe, Marcus Kuhlmann, fügte hinzu, Eignungstests seien der bessere Weg, auch die sittliche Reife für die Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf zu ermitteln. Außerdem gebe es keine negativen Erfahrungen bei Ausbildungen in Heilberufen ohne Mindestalter, wie etwa Ergotherapeut oder Medizinisch-technischer Assistent. Alterszugangsbeschränkungen bestehen derzeit in folgenden Berufen: Masseur (16. Lebensjahr), Physiotherapeut und Hebamme (17. Lebensjahr) sowie Logopäde (18. Lebensjahr).
Der Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Gerd Dielmann, unterstrich, dass es dringenden Handlungsbedarf gebe. Die Zahl der Schulabgänger sinke ständig, so dass in den kommenden Jahren bis zu 100.000 Bewerber für Ausbildungen weniger zur Verfügung stünden. Besonders betroffen von diesem Mangel seien Gesundheitsberufe, da sie ohnehin als Zugangsvoraussetzung die Mittlere Reife hätten.
Allerdings äußerten einige Verbände in der Anhörung Vorbehalte gegen einen Wegfall der Altersbeschränkungen. So erläuterte Friedemann Ey vom Verband Physikalische Therapie, dass bereits heute Bewerber für Ausbildungen als Masseur und Physiotherapeut häufig Defizite in ihrer menschlichen und charakterlichen Reife aufwiesen. Der Verzicht auf eine Altersvorgabe würde dieses Problem verschärfen, betonte er. Die Präsidentin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie, Monika Rausch, plädierte dafür, statt die Altersbeschränkungen aufzuheben müssten die Bildungsvoraussetzungen verschärft werden. Ohne Abitur seien die gestiegenen Berufsanforderungen an Logopäden - etwa neue wissenschaftliche Erkenntnisse aufzunehmen - kaum zu erfüllen.
Die Länderkammer verweist in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf darauf, dass Bewerber, die zwar die schulischen Voraussetzungen, nicht aber die Altersanforderungen erfüllen, bis zu einem Jahr bis zum Ausbildungsbeginn verlören, da die Schulen der Gesundheitsfachberufe in der Regel nur einmal jährlich mit neuen Lehrgängen beginnen. Die Bundesregierung begrüßt die Initiative des Bundesrates grundsätzlich. Die Vermeidung von Wartezeiten von bis zu einem Jahr sei im bildungspolitischen Interesse, schreibt sie in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Länderkammer. Allerdings lehnt es die Regierung ab, dies in einem separaten Gesetz zu regeln; vielmehr sollte dies im Rahmen eines demnächst ohnehin anstehenden Gesetzgebungsverfahrens der Bundesregierung geschehen.
In der Anhörung forderten zudem die Vertreter der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), die bisherige Altersgrenze für die Kassenzulassung, die bei 68 Jahren liegt, zu streichen. Gerade in ländlichen Gebieten könnten so Versorgungsengpässe abgemildert werden, sagte der erste hauptamtliche Vorsitzende der KZBV, Jürgen Fedderwitz. BZÄK-Präsident Jürgen Weitkamp ergänzte, ein Patient habe ein Recht darauf, mit seinem Arzt alt zu werden.
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