Bundestag stimmt Anti-Piraten-Einsatz zu
Der Bundestag hat am Freitag, dem 19. Dezember 2008, die Beteiligung der Bundesmarine an der EU-Mission "Atalanta" zum Schutz von Handels- und Versorgungsschiffen vor Piraten am Horn von Afrika beschlossen. Von 558 Abgeordneten stimmten 491 für eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses ( 16/11416) zu einem Antrag der Bundesregierung ( 16/11337).
Damit können sich bis zu 1.400 Bundeswehrsoldaten und die
Fregatte "Karlsruhe" am Einsatz der EU beteiligen. Rolf
Mützenich von der SPD-Fraktion betonte, dass mit der
„humanitären Operation“ die richtigen
Maßnahmen ergriffen wurden. Dennoch seien die Reedereien zu
gleichen Teilen verantwortlich. Auch Kreuzfahrtschiffe sollten
derzeit von Reisen absehen.
"Große ökologische Katastrophen"
Von einer Wechselwirkung zwischen Piraterie und Staatenzerfall sprach Unionssprecher Eckart von Klaeden. Er wies auch auf die „großen ökologischen Katastrophen“ hin, wenn zum Beispiel der gekaperte saudisches Öltanker „Sirius Star“ versenkt würde.
Die FDP-Fraktion stimmte dem Mandat mehrheitlich zu. Damit sich der
„internationale Terrorismus nicht festsetzen kann“,
forderte Birgit Homburger (FDP) ein Frühwarnsystem.
"Völkerrechtlich legitimiert"
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich für den Einsatz aus: Jürgen Trittin bezeichnete das Mandat als völkerrechtlich legitimiert und notwendig. Allerdings warf er der Regierung beim Thema Gefangenenüberstellung vor, sie lasse „Schwerverbrecher lieber laufen, als sie einem ordentlichen Gericht zu unterstellen“.
Die Linke lehnte das Mandat wie alle bisherigen
Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Paul Schäfer
monierte, dass der Vorschlag der Linken „überhaupt nicht
in Erwägung gezogen“ wurde. Die Fraktion will eine
UN-geführte Küstenwache unter Beteiligung der
Nachbarstaaten.
Der Bundestag lehnte Entschließungsanträge der FDP (
16/11422), der Linksfraktion (
16/11423) sowie von Bündnis 90/Die
Grünen (
16/11424,
16/11425) ab. Dem letztgenannten
Entschließungsantrag verweigerten in namentlicher Abstimmung
450 von 557 Abgeordneten ihre Zustimmung.
Ergebnis der namentlichen
Abstimmungen
Abstimmung über Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Sätze
Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes II und der Sozialhilfe forderte die Fraktion Die Linke. Auch Bündnis 90/Die Grünen verlangten eine bedarfsorientierte Anhebung der Regelsätze nach dem Sozialgesetzbuch. Die Anträge fanden im Bundestag keine Mehrheit ( 16/7040, 16/7113, 16/8761, 16/10336).
Vergaberechtsnovelle verabschiedet
Der Bundestag hat am Freitag auch die Vergaberechtsnovelle ( 16/10117) in der vom Wirtschaftsausschuss empfohlenen Fassung ( 16/11428) angenommen. Mit ihr sollen unter anderem mittelständische Unternehmen bessere Chancen erhalten, bei der Vergabe von öffentlichen Unternehmen zum Zuge zu kommen. Entschließungsanträge der Opposition wurden abgelehnt.
Hartmut Schauerte (CDU/CSU) hob hervor, dass nun die Flut von
Nachweisforderungen für kleine und mittelständische
Unternehmen abgebaut werde. „Schnelle Klarheit von
Vergaben“ sei das Gebot. Reinhard Schultz (SPD) sagte, der
Gesetzentwurf sei im Parlament erheblich verbessert worden und
unterstütze soziale und ökologische Belange.
"Kein Bürokratieabbau"
Als „sozial nicht ausgewogen“ bezeichnete Ulla Lötzer (Die Linke) den Entwurf. Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich der Stimme: Kerstin Andreae sagte, dass auf nationaler Ebene Gesetze im Bereich Mindestlohn und Tarifverträge geändert werden müssten: „Sonst bleiben es Krokodilstränen.“ Die FDP lehnte den Entwurf ab. Laut Ernst Burgbacher ist dies kein Bürokratieabbau. Dabei wären einfachere Regelungen ein Konjunkturprogramm, das nichts koste.
Deutsch-koreanische Beziehungen
Die deutsch-koreanischen Beziehungen sollen sich "dynamisch fortentwickeln". Dazu haben Union, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag ( 16/11451) vorgelegt, dem alle Fraktionen zustimmten. Fünf Vertreter der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe äußerten sich über die bilateralen Beziehungen.
Detlef Dzembritzki (SPD) kritisierte, dass die Menschenrechte in
Nordkorea „nicht vorhanden“ seien. Er sprach den mehr
als 30.000 Koreanern in Deutschland, die „hervorragend
integriert“ seien, seinen Respekt aus.
„Bemerkenswertes Vertrauen“
Das Deutschland entgegengebrachte Vertrauen in beiden Teilen Koreas sei bemerkenswert, sagte Detlef Parr (FDP). Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen sollten zum Abschluss gebracht werden.
Hartmut Koschyk (CDU/CSU) verwies auf die Kontakte zu Nordkorea,
die zu DDR-Zeiten aufgebaut wurden. Viele Menschen dort
sprächen fließend Deutsch. Das müsse für die
diplomatischen Beziehungen genutzt werden. Deutschland solle die
„Rolle des ehrlichen Ratgebers“ spielen und zur
innerkoreanischen Annäherung beitragen.
Wolfgang Gehrcke (Die Linke) sprach sich für eine bessere Entwicklungszusammenarbeit mit Nordkorea und für einen konstruktiven Dialog aus. Die Wiedervereinigung in beiden Teilen Koreas sei „kein Tabuthema“, so Peter Hettlich von Bündnis 90/Die Grünen.
Weitere Themen am Freitag
Am Freitag beriet der Bundestag zudem über eine Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften. Schließlich beschloss das Parlament eine Änderung des Energieeinsarungsgesetzes ( 16/10290, 16/10331), das der Wärmesanierung von Gebäuden neuen Schub verleihen soll.
Weitere Informationen
Bundestagsdrucksachen zum Thema
- 16/11337 - Antrag Bundesregierung: Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU geführten Operation ATALANTA zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias
- 16/11416 - Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses
- 16/11427 - Bericht des Haushaltsausschusses
- 16/11425 - Entschließungsantrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
- 16/7040 - Antrag DIE LINKE.: Regelsätze erhöhen - Dynamisierung anpassen - Kosten für Schulbedarfe abdecken
- 16/7113 - Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Regelsätze bedarfsgerecht anpassen
- 16/8761 - Antrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Existenzsicherung und Teilhabechancen für Kinder und Jugendliche durch bedarfsgerechte Kinderregelsätze gewährleisten
- 16/10336 - Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu 16/7040, 16/7113, 16/8761