Bund und Länder haben unterschiedliche Auffassungen zu Bordellen
Berlin: (hib/SUK) Die Bundesregierung kann keine Angaben dazu machen, wie viele angemeldete Wohnungsbordelle von Bauämtern geschlossen wurden und wie viele Prostituierte sich seit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes am 1. Januar 2002 in einer unsicheren Rechtssituation befinden. Dies teilt sie in ihrer Antwort ( 16/5365) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/5068) mit. Das Bauaufsichtsverfahren sei in den Landesbauordnungen geregelt und werde von den Behörden der Länder ausgeführt. Da dazu keine Berichtspflichten bestünden, habe die Regierung keine Erkenntnisse zur Praxis der Bauämter.
Die Grünen hatten in ihrer Anfrage bemängelt, das Prostitutionsgesetz habe zwar die rechtliche Benachteiligung von Prostituierten beseitigt, werde aber nur mangelhaft umgesetzt. Beratungsstellen hätten von der "vermehrten Schließung" kleiner Wohnungsbordelle berichtet, die sich vorher korrekt beim Wirtschaftsamt gemeldet hätten. Es habe sich dabei zumeist um Prostitutionsbetriebe gehandelt, die bis dahin den Behörden bekannt gewesen seien, weil "sie seriös geführt wurden und keine Beschwerden der Umgebung" vorgelegen hätten. Hintergrund der Schließungen sei der Wunsch der Baubehörden, Wohnungsbordelle aus Wohn- und Mischgebieten zu entfernen. Dabei werde eine "Doppelmoral" sichtbar: "Sobald Prostitution als solche bezeichnet wird, muss sie weichen."
In ihrer Antwort schreibt die Bundesregierung, eine "Ausstrahlungswirkung" des Prostitutionsgesetzes auf die Rechtsgebiete des Gaststätten- und Gewerberechts sei beabsichtigt gewesen. Auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes habe die gewerberechtliche Praxis den Standpunkt vertreten, dass sich an der "gewerbe- und gaststättenrechtlichen Einordnung von Prostitution als unsittlich und sozialwidrig nichts verändert" habe - mit der Folge, "dass die Einrichtungen wegen Sittenwidrigkeit den gewerberechtlichen Kontrollmöglichkeiten weiterhin weitgehend entzogen" gewesen seien. Der Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht sei bei einer Tagung im Juni 2002 zu der Auffassung gelangt, die Tätigkeit von Prostituierten sei auch vor dem Hintergrund des Prostitutionsgesetzes "nicht als Gewerbe einzustufen". Bezüglich Bordellen und "Anbahnungs-Gaststätten" seien unterschiedliche Auffassungen vertreten worden: Einige Länder hätten dabei keine Anmeldepflicht bzw. -möglichkeit gesehen, während andere Länder und der Bund eine "gewerbsmäßige Betätigung mit den entsprechenden gewerberechtlichen Folgen als gegeben" angesehen hätten.
Der Ausschuss habe konstatiert, dass die rechtliche Einordnung der Tätigkeiten von Prostituierten "im Fluss" sei. Mögliche Vollzugsschwierigkeiten würden allerdings in einigen Bereichen zu Ergebnissen führen, die nicht der Zielsetzung des Gesetzes entsprächen. Ein Vollzug der gewerberechtlichen Vorschriften würde "nur weitere Nachteile in Form von Bußgeldern, Untersagungen etc." nach sich ziehen und zu einer weitern unerwünschten "Verdrängung in die Illegalität" führen. Bund und Länder hätten sich nicht auf einen einvernehmlichen Beschluss einigen können und würden darüber weiter diskutieren.
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