Imi Knoebel
"Rot Gelb Weiß Blau 1-4"
© DBT/Siegfried Büker
"Rot Gelb Weiß Blau 1-4"
© DBT/Siegfried Büker
"Rot Gelb Weiß Blau 1-4"
© DBT/Siegfried Büker
ROT GELB WEISS BLAU 1-4
Die vierteilige Installation von Imi Knoebel befindet sich im
Veranstaltungsfoyer des Marie-Elisabeth- Lüders-Hauses des
Deutschen Bundestages. In diesem Parlamentsbau, der von dem
Architekten Stephan Braunfels aus München gestaltet ist, sind
die Bibliothek des Deutschen Bundestages und der öffentliche
Anhörungssaal, der größte des Deutschen
Bundestages, untergebracht. Das Haus bildet den Abschluß des
"Bandes des Bundes", das mit dem Kanzleramt seinen Anfang nimmt,
durch das Paul- Löbe-Haus fortgesetzt wird und über die
Spree hinweg zum Marie-Elisabeth-Lüders-Haus
führt.
Beziehungen zwischen Raum, Form und Farbe
Imi Knoebel, Bildhauer, Maler und Schüler von Joseph Beuys,
erkundet in seiner Installation "Rot Gelb Weiß Blau 1-4" mit
farbigen Wandobjekten Beziehungen zwischen Raum, Form und Farbe,
verspannt weiße oder primärfarbige Streifen und
Rechtecke räumlich miteinander, gestaltet sie als Bild, als
Relief und Installation gleichermaßen. Er erforscht in dieser
sparsamen und zugleich doch opulenten Farb- und Formensprache die
Gestaltungsspielräume ungegenständlicher Kunst, erinnert
so an die künstlerischen Positionen eines Wassily Kandinsky,
eines Piet Mondrian oder der russischen Suprematisten.
Welt der ungegenständlichen Kunst
Zwar hat Imi Knoebel sein Studium in der Klasse von Joseph Beuys
in Düsseldorf begonnen, doch hat er in Beuys eher den von
dogmatischen Einengungen befreienden Lehrer denn einen konkreten
Anreger gesehen: Im Gegensatz zu Beuys und dessen bewußter
Einbeziehung politischer und sozialer Aspekte in einen erweiterten
Kunstbegriff beharrten Imi Knoebel und sein Künstlerfreund
"Imi" Rainer Giese (1942-1974) darauf, daß die "Welt der
ungegenständlichen Kunst" erst neu "ausgemessen" (Knoebel)
werden müsse, wie es das Vorbild des "Schwarzen Rechtecks auf
weißem Grund" von Malewitsch nahelegte. In Imi Knoebels
frühen Arbeiten spiegelt sich dieser radikale Purismus. Diese
beschränken sich auf schwarz und weiß gefärbte
Hartfaserplatten, ungefärbte Keilrahmenleisten, die nur durch
ihr Arrangement, die Komposition der Flächen, die Proportionen
und ihre Bezüge zum umgebenden Raum wirken, im Jahre 1968
beispielhaft verwirklicht in dem berühmten "Raum 19" der
Düsseldorfer Kunstakademie.
Zerlegung des Bildgedankens
Nachdem der Künstler sich diesen "leeren Raum" geschaffen
hatte, um "reinzutreten und gehen zu können" (Knoebel), begann
er, seine Gestaltungsräume auszuweiten. So erforschte er die
Wirkung der Materialität der Hartfaserplatte, indem er ihre
Oberfläche bearbeitete und verletzte. Er nahm Farbe in sein
Repertoire auf und collagierte schließlich
unregelmäßige, aus Papier geschnittene farbige
geometrische Figuren. Oft wird, wie im "Genter Raum" von 1980, die
Analyse, also die Zerlegung des Bildgedankens vom Künstler
wörtlich genommen: Hartfaserplatten unterschiedlicher
Größe, Farbigkeit und Form werden gestapelt, sind sowohl
Teil einer Rauminstallation als auch Angebot an den Betrachter,
diesen Urzustand gedanklich in ein eigenes Kunstbild
umzusetzen.
Plattenlabel der Düsseldorfer Punkszene
Ende der 90er Jahre faßte Knoebel die Ergebnisse dieser
jahrzehntelangen Bild-Analysen in farbenprächtigen
Wandobjekten zusammen, die er ironisch und bezeichnenderweise unter
dem Titel "Pure Freude" zeigte ("Pure Freude" war ein Plattenlabel
der Düsseldorfer Punkszene, in deren Mittelpunkt seine Frau
Carmen Knoebel als Wirtin des "Ratinger Hofes" stand). Aus dieser
Werkphase stammen die Arbeiten für das
Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Der unbestreitbar "strahlende
Glanz der Schönheit" (Lucien Kayser) dieser Arbeiten
überstrahlt aber nicht ihre sensibel ausgewogene Komposition
aus geometrischen Grundformen von Streifen und Rechtecken, aus
Primärfarben, aus Weiß und aus dem Silber des
Aluminiums. Die offene Konstruktion läßt das Grau des
Sichtbetons der Wand im Hintergrund durchscheinen und mitspielen.
So gelingt es Imi Knoebel, nicht nur einen spannungsreichen Dialog
mit dem Raum und der Architektur von Stephan Braunfels - dessen
Formensprache der Knoebels unverkennbar verwandt ist - aufzunehmen,
sondern auch von der "puren Freude" an diesem Farb- und Formspiel
fast schon in musikalischer Sprache zu erzählen, aber zugleich
von der unablässigen Suche nach dem doch nie zu erreichenden
vollkommenen Bild.
Imi (Klaus Wolf) Knoebel
geb. 1940 in Dessau, lebt in Düsseldorf
Installation "Rot Gelb Weiß Blau 1-4",
Acryl/Aluminium, 1997
Veranstaltungsfoyer im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus,
Berlin
Text: Andreas Kaernbach
Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages