Reichstag am Königsplatz
Bereits der Reichstag des Norddeutschen Bundes tagt in Berlin. Untergebracht ist er in einem Gebäude in der Leipziger Straße 3. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 ist wiederum Berlin Sitz des Reichstages. Aber auch dieser hat im Gebäude am Dönhoffplatz (Leipziger Straße 75) ein viel zu kleines Domizil.
Innerhalb kurzer Zeit wird daraufhin auf dem Gelände der ehemaligen Königlichen Porzellan Manufaktur in der Leipziger Straße 4 ein provisorisches Reichstagsgebäude errichtet. Es soll eigentlich nur kurze Zeit als Tagungsort dienen, nämlich bis ein würdiges Gebäude für das deutsche Parlament zur Verfügung steht, dessen Planung gleichzeitig aufgenommen wird. Doch diese Planung zieht sich hin. Der zur vorübergehenden Nutzung gedachte Bau in der Leipziger Straße 4 wird schließlich 23 Jahre lang als Parlamentssitz genutzt.
Erst 1894 erhält der Reichstag das gewünschte "monumentale und würdige" Domizil. Nach einem Wettbewerb der wichtigsten deutschen Architekten entscheiden sich Reichsbaukommission, Reichstag und Kaiser für den Entwurf von Paul Wallot. Auf dem Grundstück des Palais Raczynski am Königsplatz findet am 9. Juni 1884 die feierliche Grundsteinlegung durch Kaiser Wilhelm I. statt. 10 Jahre später, 1894, ist das Reichstagsgebäude fertiggestellt und wird vom Parlament bezogen.
Im darauffolgenden Jahrhundert spiegelt das Reichstagsgebäude wie kein anderes Gebäude die Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte wider. Auf die Niederlage im Ersten Weltkrieg folgen revolutionäre Unruhen in Berlin, die dazu führen, dass die verfassungsgebende Nationalversammlung nicht im alten Reichstagsgebäude zusammenkommt, sondern im Nationaltheater in Weimar.