Ohne Wahlen keine Demokratie
Wahlen und Demokratie hängen eng zusammen. Mehr noch: Ohne regelmäßige Wahlen gibt es keine Demokratie. Denn in allgemeiner, unmittelbarer, freier, geheimer und gleicher Wahl entscheiden wir Bürger, welche Personen und Parteien die Macht bekommen sollen.
Dies war in Deutschland nicht immer so: Erst vor 90 Jahren, am 19.
Januar 1919, gab es erstmals in Deutschland Reichstagswahlen, an
denen auch Frauen teilnehmen konnten. Das war im Gründungsjahr
der Weimarer Republik, der ersten deutschen Demokratie, die jedoch
schon 1933 in die Diktatur der Nationalsozialisten
mündete.
Umfassende und langfristige Einflussnahme
Demokratische Wahlen gab es dann nicht mehr. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden in der Bundesrepublik 1949 auf Bundesebene wieder demokratische Parlamentswahlen statt. In der DDR standen die Wahlen zur Volkskammer unter dem Vormachtsanspruch der SED.
Seit der Wiedervereinigung 1990 entscheiden wieder wir Bürger
in Ost und West, wer uns als Abgeordneter im Bundestag vertreten
und Deutschland für die nächsten vier Jahre regieren
soll. Mit der Stimmabgabe können wir ganz konkret die Zukunft
mitgestalten. Doch unsere Einflussnahme ist umfassender und
langfristiger als der kurze Wahlakt suggerieren könnte.
Mindestmaß an Bürgerbeteiligung
Allein weil es regelmäßige Wahlen gibt, müssen Politiker und Parteien – wenn sie wieder gewählt werden wollen – die öffentliche Meinung und unsere Erwartungen als Wähler bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.
Durch die Wahl bestimmen wir nicht nur über die Verteilung der
politischen Macht, wir legitimieren sie auch. Die Regierung bleibt
durch die Wahlen der Wählerschaft gegenüber
verantwortlich. Deshalb ist es auch so wichtig, seine Stimme
abzugeben. Damit Demokratie lebendig bleiben und funktionieren
kann, bedarf sie dieses Mindestmaßes an
Bürgerbeteiligung, sonst gerät sie in
Legitimationsnöte.
Politikverdrossenheit gibt Anlass zur Sorge
Die Wahlbeteiligung ist in den vergangenen Jahrzehnten tendenziell zurückgegangen. Bei der Bundestagswahl 2005 war sie mit 77,7 Prozent so niedrig wie nie zuvor bei einer Bundestagswahl. Und bei Kommunal-, Landtags- oder Europawahlen ist die Wahlbeteiligung zumeist noch niedriger.
Politikverdrossenheit wird oft dafür als Ursache
angeführt. Dieses Phänomen kennen zwar auch andere
etablierte Demokratien wie die Schweiz oder die USA, Anlass zur
Sorge sollte es uns aber allemal geben. Mitunter wurde schon
diskutiert, ob die Einführung der Wahlpflicht (wie in Belgien
oder Österreich) sinnvoll wäre.
Nichtwähler unterstützen den Wahlgewinner
Aber in Deutschland gibt es aus gutem Grund ein Wahlrecht. Jedem Wahlberechtigten steht es frei, selbst zu entscheiden, ob er von seinem Recht Gebrauch macht oder nicht.
Wir sollten uns aber bewusst machen, was es bedeutet, nicht zur Wahl zu gehen: Wer nicht wählt, verschenkt die Chance, selbst über die Zukunft mitzubestimmen. Sich seiner Stimme aus Protest zu enthalten, ist nicht effektiv, denn auch wer nicht wählt, übt Einfluss aus. Die Höhe der Wahlbeteiligung hat Auswirkungen auf das Wahlergebnis: Nichtwähler unterstützen letztlich immer den Wahlgewinner, ob sie das nun wollen oder nicht. Deshalb: Nicht andere entscheiden lassen, selbst zur Wahl gehen!