Die Vertreter des Volkes
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sind stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gewählt, um für das Volk die richtigen Entscheidungen zu treffen. Deshalb werden sie in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt: Alle vier Jahre treten wir, das Wahlvolk, an die Urnen, um sie als unsere Vertreter im Parlament zu wählen. Das nächste Mal am 27. September 2009.
Derzeit gehören dem 16. Deutschen Bundestag 612 Abgeordnete
an: 223 gehören zur CDU/CSU, 222 zur SPD, 61 zur FDP, 53 zur
Fraktion Die Linke und 51 zu Bündnis 90/Die Grünen. Aber
auch zwei fraktionslose Abgeordnete sind Mitglieder des Bundestags:
Henry Nitzsche und Gert Winkelmeier. Beide waren nach der
Bundestagswahl 2005 für ihre Parteien ins Parlament eingezogen
(Nitzsche für die CDU, Winkelmeier für Die Linke), waren
aber 2006 wieder aus ihren Fraktionen ausgeschieden. Ihre Mandate
aber konnten sie behalten. Warum?
Aufgabe der Abgeordneten
Der Grund ist, dass die Abgeordneten ein freies Mandat haben. Sie sind somit an keinerlei Weisung von Wählern oder einer Partei gebunden. Die Abgeordneten sind in einer repräsentativen Demokratie wie unserer Delegierte und Vertreter des Volkes. Wir geben ihnen bei der Wahl mit unserer Stimme den Auftrag, die Interessen der ganzen Bevölkerung im Parlament zu vertreten.
Diesen Auftrag erfüllen sie, indem sie die Aufgaben des
Bundestages gemeinsam wahrnehmen: Wahl und Kontrolle der Regierung,
Gesetzgebung, Haushaltsbewilligung oder aber die Bestellung von
anderen Verfassungsorganen – dies beinhaltet auch die
Ernennung von Verfassungsrichtern.
Wählerwille und Unabhängigkeit des Abgeordneten
Mit unserem Votum für einen Abgeordneten ist aber keinesfalls ein konkreter Auftrag verbunden – etwa wie sich ein Abgeordneter bei einer bestimmten Abstimmung verhalten soll. Das ist das Prinzip des freien Mandats – und im Grundgesetz festgeschrieben.
Dort heißt es in Artikel 38 Absatz 1 über die
Abgeordneten: „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an
Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen
unterworfen.“ Kein Abgeordneter kann also sein Mandat
verlieren, nur weil er nicht dem Willen der Wähler entsprochen
hat.
Rolle der Parteien
Wenn wir die Abgeordneten für vier Jahre in den Bundestag wählen, dann treffen wir diese Entscheidung aber nicht nur wegen ihrer Person, sondern auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei. Bei der Zweitstimme wird es besonders deutlich: Damit wählen wir eine Partei, keine Person. Das hat einen Grund: Parteien spielen in der einer Demokratie eine wichtige Rolle.
Das Grundgesetz nennt ihre Aufgabe in Artikel 21 Absatz 1:
„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des
Volkes mit." Tatsächlich übernehmen Parteien Aufgaben,
ohne die unsere Demokratie nur schwer funktionieren könnte:
Sie stellen nicht nur Kandidaten für politische Ämter
auf. Sie formulieren und bündeln auch die Interessen der
Bürger. Kurz: Parteien sind ein notwendiges Bindeglied
zwischen Staat und Bevölkerung.
Abgeordnete und Fraktionen
Wenn wir einen Politiker wählen, dann gibt uns seine Mitgliedschaft in einer Partei Aufschluss über seine politischen Überzeugungen und Ziele. Im besten Fall wissen wir also, für welches politische Programm der einzelne Kandidat steht. Um solche Interessen aber auch im Parlament durchzusetzen, bilden Abgeordnete Fraktionen.
Wenn es nun also um Abstimmungen geht, erwarten die Fraktionen in
der Regel von ihren Mitgliedern, dass sie so votieren, wie es zuvor
beschlossen wurde. Das bezeichnet man als Fraktionsdisziplin. Einen
rechtlichen Zwang, im Sinne der eigenen Fraktion auftreten oder
abstimmen zu müssen, gibt es jedoch nicht. Aber widerspricht
diese Fraktionsdisziplin nicht dem Grundsatz der
Unabhängigkeit des Abgeordneten und seinem freien Mandat?
Freies Mandat und
Fraktionsdisziplin
In der Tat haben sich auch Politikwissenschaftler lange über dieses Spannungsverhältnis den Kopf zerbrochen. Doch schließen sich freies Mandat und Fraktionsdisziplin nicht grundsätzlich aus. Ein Parlament muss die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten garantieren und zugleich muss aber auch ein geschlossenes Handeln der Fraktionen möglich sein.
Das freie Mandat sichert somit die individuelle Verantwortlichkeit
der Abgeordneten und die Fraktionsdisziplin seine kollektive
Verantwortlichkeit. Aber es gibt es auch Abstimmungen – oft
über Fragen, die besonders das Gewissen jedes einzelnen
Abgeordneten berühren – bei denen die Fraktionsdisziplin
bewusst aufgehoben ist.
Neben Artikel 38 des Grundgesetzes, der die Funktion der Abgeordneten festschreibt, ist es aber insbesondere das Abgeordnetengesetz, das ihre rechtliche Stellung bestimmt. So ist darin unter anderem auch festgeschrieben, wie Parlamentarier für ihre Tätigkeit entschädigt werden (Diäten).