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Gültig ab: 14.12.2004 00:00
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Wie viel Kooperation soll sein?

Bild: Vollbesetzte Stuhlreihen im Paul-Löbe-Haus zur Eröffnung der Konferenz
Tage der Arabischen Welt im Deutschen Bundestag.

Deutsch-arabische Tage in Berlin

Welche Erwartungen hat Europa an die arabische Welt? Und welche Hoffnungen verbinden beide Seiten mit einer engeren Zusammenarbeit? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt einer Konferenz, die von den drei deutsch-arabischen Parlamentariergruppen im Bundestag, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und dem Deutschen Archäologischen Institut initiiert wurde.

Europa braucht die arabische Welt und die arabische Welt braucht Europa. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer der vom Bundestag veranstalteten Konferenz „Tage der arabischen Welt“. Zur Umsetzung der Ziele sei man jedoch auf die politische und finanzielle Unterstützung der Europäischen Union angewiesen.

Von Deutschland lernen

Auch von Deutschland wünschten sich die Vertreter der arabischen Welt ein stärkeres Engagement. Die Bundesrepublik trage nicht die große „Last der Kolonialisierung“, habe selbst die Erfahrung einer Diktatur gemacht und gelernt, dass Demokratie viel lebenswerter sei, sagte der ehemalige Ministerpräsident der Republik Jemen, Abdulkarim Al-Eryani.

In diesem Punkt könne man nur von Deutschland lernen, denn der Wunsch nach einer Demokratisierung sei in der arabischen Welt allgegenwärtig. Einig war man sich jedoch auch, dass dieser Prozess den Lebensbedingungen angepasst sein müsse und nicht von außen erzwungen werden dürfe.

Demokratisierung sei die Grundlage für gesellschaftliche und wirtschaftliche Reformen in den arabischen Staaten, die angesichts der inneren Probleme zwingend notwendig seien, erklärte Abdelbaki Hermassi, Vorsitzender des Rates der Außenminister der Arabischen Liga und Außenminister der Republik Tunesien. Hohe Arbeitslosigkeit, Fixierung auf die innere Sicherheit und das Misstrauen innerhalb der arabischen Staaten seien nur mit Hilfe der EU zu lösen.

Vertrauen gehe verloren

Kritisch äußerte sich dagegen der Direktor des Hamburger Orient-Institutes, Udo Steinbach. Europa sei handlungsunfähig und unglaubwürdig. Seine Kritik richtete sich gegen die Strategie der Europäischen Union, den USA als Partner wieder näher zu kommen, anstatt sich verstärkt der arabischen Welt zuzuwenden. So gehe viel Vertrauen verloren, auch in die Werte, die Europa verkörpere. Gleiche Sachverhalte gleich behandeln: Diese Formel gelte vor allem auch in Bezug auf Israel. Dem Gefühl der arabischen Staaten, benachteiligt und von Israel an den Rand gedrängt zu werden, dürfe kein Vorschub geleistet werden.

Eine bessere Verständigung zwischen Europa und den arabisch sprechenden Ländern könne nur gelingen, wenn die Konflikte in Nahost und im Irak gelöst werden. Denn nur wer im Nahostkonflikt erfolgreich vermitteln kann, gilt als glaubwürdiger Partner.

Kampf der Kulturen

Gewalt ist ein zentrales Thema des europäisch-arabischen Gesprächs. Die Schlagworte sind Kampf gegen Terrorismus und Kampf der Kulturen. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse betonte in seiner Eröffnungsrede, den Dialog nicht allein der Politik zu überlassen, sondern Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft gleichberechtigt zu beteiligen.

Beide Kulturen seien seit jeher eng verbunden, vor allem heute, da fast jede Familie Verwandte in Europa habe, sagte Huda al-Homsi, die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Volksversammlung der Arabischen Republik Syrien. Geplant sei auch, den Aufbau einer christlich-islamischen Zivilisation zu fördern.

Zusammenarbeit der arabischen Staaten

Voraussetzung dafür ist zunächst einmal eine vertrauensvollere Zusammenarbeit innerhalb der arabischen Staaten. Die arabischen Länder müssen zuallererst ihre Probleme unter sich lösen, sagte Wolfgang Schäuble (CDU/CSU). Kernproblem sei, dass diese sich momentan nur auf sich selbst konzentrierten und die restliche Welt ausklammerten. Er forderte einen intensiveren Dialog, auch unter Einbeziehung der Christen in den arabischen Ländern. Er erwarte von den arabischen Ländern, dass sie genauso wie Europa kein Interesse an einer Schwächung der USA hätten. Ziel sei die Einbindung der arabischen Welt in die europäisch-amerikanische Partnerschaft.

Chance für neue Perspektiven

Die Veranstaltung, an der rund 300 Gäste teilnahmen, darunter 120 Gäste aus 19 Ländern, stieß auf ein großes Medienecho, bot kulturelle Höhepunkte mit Konzert- und Theateraufführungen und somit ungewohnte Einblicke in die arabische Welt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sah in den „Tagen der arabischen Welt“ die Chance zu einem Perspektivenwechsel. Dieser Perspektivenwechsel, erklärte er, sei geradezu überfällig in einer Welt voller alter und neuer Feindbilder. Auf den Punkt brachte es auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, der bereits beim Eröffnungsempfang der Veranstaltung das Ziel vorgab: „Voneinander gelernt, miteinander gewonnen“.

Text: Christina Beinke
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen im Dezember 2004

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